word-cloudSeit einigen Wochen bekomme ich Mails und Briefe mit besonderem Inhalt von meinen Verlagen. Sie bitten mich darum, eine Verzichtserklärung zu ihren Gunsten zu unterzeichnen. Das kostet mich ziemlich viel Geld, wenn ich es mache. Dass mein Einkommen nicht gerade als „üppig“ bezeichnet werden kann, wisst ihr ja. Deshalb will ich euch von der neu entstandenen Situation berichten.

Hintergrund des Ganzen sind Wahrnehmungsverträge mit der VG Wort. Das ist die Verwertungsgesellschaft Wort, sie vertritt Verlage und Autoren bei so genannten Zweitverwertungsrechten. Für Fotokopien urheberrechtlich geschützter Werke werden von den Kopiereraufstellern pauschale Geräteabgaben erhoben. Ähnlich funktionieren Bibliothekstantiemen. Nach einem komplizierten Verteilschlüssel wurden diese Einnahmen dann von der VG Wort auf die Autoren und Verlage verteilt.

Hintergrund dieses Verteilverfahrens ist der Umstand, dass ein kopiertes oder ausgeliehenes Buch ja kein gekauftes Buch ist. Wenn ihr euch z.B. in eurer Stadtbücherei einen meiner Reiseführer ausleiht, werdet ihr ihn voraussichtlich ja nicht kaufen.Wer ein paar Seiten aus einem Sachbuch kopiert, wird es ebenso wenig kaufen.

Ende 2016 wurde nach langem Weg durch alle Instanzen entschieden, dass nur die Autoren darauf ein Anrecht haben. Was den Verlagen gezahlt wurde, wird für die letzten Jahre von ihnen zurück verlangt. Das ist für die Autoren eine kleine Finanzspritze, über die ich mich auch freuen würde. Für die Verlage ist es aber bei der Vielzahl ihrer Autoren eine erhebliche finanzielle Belastung, die einen kleinen Verlag an den Rand der Insolvenz bringen kann. Die Verlage, mit denen ich zusammen arbeite, werden zum Teil echte Probleme mit der Zahlung der Rückforderungen bekommen.

Es besteht für die Autoren aber die Möglichkeit, der VG Wort gegenüber auf diesen nachträglichen Ausgleich zu verzichten. Das ist streng anonym, d.h. meine Verleger erfahren nicht, ob ich den Verzicht erkläre oder nicht. Es hat für  mich an dieser Stelle sehr viel mit Vertrauen zu tun. Die Verleger der kleinen Verlage, die mich anschreiben, machen dies ja nicht ohne Not. Sie wenden sich vertrauensvoll an ihre Autoren und bitten uns um Hilfe. Wenn ich den Verzicht erkläre, vertraue ich wiederum darauf, dass der Verlag nicht pleite geht und mit mir zukünftig noch weitere Buchprojekte durchführen wird.

„Man darf sein Glück nicht auf dem Unglück anderer bauen“ sagte Gertrud Frenzel immer. Gertrud war eine alte Dame bei den Naturfreunden, die ich von Kind an geliebt habe. Vieles, was sie mir vor gefühlten 100 Jahren sagte, stellt sich in der Rückschau als sehr weiser Rat heraus. Ich werde daher mein Glück nicht auf dem Unglück anderer bauen.

Nennt mich dumm, aber für mich war es immer okay, dass Verlag UND Autor an der Ausschüttung der VG Wort beteiligt werden. Wenn es nun nach höchstrichterlicher Rechtsprechung anders sein soll, mag das gerne für die Zukunft gelten. Das können die Verleger dann in ihre jeweilige Kalkulation einplanen, was voraussichtlich zu noch niedrigeren Honoraren führen wird, als wir ohnehin schon erhalten.

Mit dem Gefühl, auch heute ‚mal wieder nicht die Welt gerettet zu haben, aber meinem Gerechtigkeitsempfinden gerecht geworden zu sein, mache ich mich nun schnell auf den Weg, um meine Mäuse aus dem Kindergarten abzuholen. Tschüss zusammen!

3 thoughts on “Die VG Wort

  1. Heisst das, dass Du „nur“ für die Vergangenheit verzichtest?

    Es ist schon blöd, aber ich vermute das für Dich (mal abgesehen das Brötchen und Klamotten Geld kosten) der Wert der Wanderung und der damit verbundenen Erlebnisse fast den größeren Wert darstellt,

    1. Ja, der Verzicht kann nur für die Vergangenheit erklärt werden. Für die Zukunft gibt es nur noch Geld für die Autoren. Deshalb vermute ich eben auch, dass dann alle Verlage noch mehr an der Stellschraube „Honorar“ drehen werden.

      Du kennst mich ja. Geld allein macht nicht glücklich, erleichtert vieles zwar ungemein, aber wenn ich – in hoffentlich weiter Ferne im Pflegeheim liege, wird mir Geld nichts nützen. Das ist dann ruckzuck als Eigenanteil aufgebraucht. Was dann vielleicht eher zählt sind die Erinnerungen an viele Reisen, Wanderungen, Radtouren,…

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