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Ein vorläufiges Highlight meiner Recherchen im Westerwald erlebte ich gestern im Nistertal.

Wir überlegten, welchen genauen Weg wir für eine Wanderung im Nistertal einschlagen wollen. Bevor wir also die eigentliche Tour liefen, schauten wir uns potentielle Wegpunkte an. Neben dem Stöffelpark*, einem Aussichtsturm und einer alten Eisenbahnbrücke standen drei Brennereien auf unserer Liste.

Die Stöffelmaus. (Oder ein Schinn?)

Schön blöd, wenn man mit dem Auto unterwegs ist. Wir bekamen die köstlichsten Schnäpse gezeigt und hätten in einer der Brennereien auch probieren dürfen. Aber als alte Motorradfahrerin trinke ich nach wie vor keinen Tropfen Alkohol, wenn ich danach fahren muss.

Trotzdem waren alle drei Brennereibesuche echte Erlebnisse. Ich stellte stets meine zwei gleichen Fragen ( 1. Warum gibt es im Nistertal so viele Brennereien? und 2. Was ist das Besondere an Ihrer Brennerei?) und erhielt vollkommen verschiedene Antworten. Bei Frage 2. war das nicht anders zu erwarten, aber bei Frage 1 hat mich das ziemlich irritiert und amüsiert.

Wir hatten recherchiert, dass es bis zu sieben Brennereien gab, von denen die drei noch übrig waren. Stephan hatte schon gehört, dass die Region Nister wohl besonders weiches Wasser zu bieten hat. Aber auch meine Vermutung, dass sich die harte Arbeit in den Steinbrüchen nur im Suff ertragen ließ, wies er nicht von sich. Nun wollten wir es von den Experten wissen.

Alle drei Brennereien haben die typischen Schnäpse des Westerwaldes (Korn, Wacholder, Kümmel) im Angebot, ferner zum Teil ziemlich lustig benannte Spirituosen, Brände, Liköre, Whisky – und Schinn!

Es dauerte eine Weile, bis ich verstand, was damit gemeint ist. Ein Blick aufs Etikett half: Schinn schreibt sich „Gin“.

Nummer 1: Der Familienbetrieb

Die Brennerei Weyand* in Unnau ist ein Familienbetrieb. Schon 1806 wurde ein Johann Ludwig Weyand in den Büchern staatlicher Stellen als „Brenner“ geführt. Sieben Generationen später brennt Jochen Weyand mit seiner Frau und seinem Sohn immer noch Kornbrand und veredelt ihn aufs Feinste. Seine Besonderheit ist die Aromadestillation, bei der die Kräuter und Gewürze nicht einfach unten in die brodelnde Maische geworfen werden, sondern auf einem Kupfersieb darüber darauf warten, dass die aufsteigenden alkoholischen Dämpfe ihre Aromen aufnehmen.

Wir bekommen erklärt, warum Schinn nicht gleich Schinn ist und woran wir einen guten Schinn erkennen: Das hat nichts mit dem Preis zu tun, sondern ist auch für den Laien ganz einfach – er muss dir schmecken! Ganz offen wird dort gesagt: „Wir wollen mehr Geld für unseren Schnaps, weil wir mehr Geld für gute Zutaten ausgeben!“ Beide Inhaber erklären ausführlich und lustig, mit Liebe zum Detail. „Sie brennen für Ihren Beruf!“, sagt Stephan, und keiner von uns widerspricht ihm.

Unabhängig voneinander bieten uns beide eine Kostprobe an, die wir jeweils dankend ablehnen, weil wir beide noch fahren müssen. Sie lässt sich nicht beirren und schenkt einen Schokoladenlikör ein, damit wir ihn zumindest riechen können. Er besteht darauf, dass wir einmal die intensive Fruchtigkeit des Himbeerlikörs erschnüffeln.

Lustige Details sind auf den handetikettierten Flaschen zu finden, z.B. „ein Stück Westerwald“ = ein kleines Stückchen Basalt, was uns sofort mutmaßen lässt, dass deshalb der Steinbruch am Stöffel noch nicht stillgelegt werden kann…

Die hohe Brennereidichte im Nistertal wird uns mit dem Schlempe-Dünger-Kreislauf und den subventionierten Brennrechten für Bauern erklärt. Aha. Gab es das nur hier in diesem Tal?

Nummer 2: Von Mönchen gegründet

Der Struthof* bei Nistertal wirbt damit, die älteste Brennerei im Westerwald zu sein, schon 1766 von Mönchen gegründet. Zwar beginnt die Mittagspause dort erst um 12 Uhr, dennoch ist die Tür um 11:30 abgeschlossen. Als ein älterer Herr uns sieht, schließt er grußlos auf und stellt sich wortlos an die Kasse.

Wir schauen uns in dem Verkaufsraum um, in dem es auch eine gemütliche Sitzgruppe für Verkostungen gibt. Der Herr fragt „Ja, bitte?!“ Ich schildere mein Begehr und erhalte knappe Antworten. Mein Blick fällt auf die ungewöhnliche Bandbreite der Whiskys (Single Malt, mit Kräutern oder sogar mit Schoko-Orange-Geschmack!) und auf die fröhlichen Namen der Getränke auf der Verkaufstheke (wie Wäller Watz und Westerwälder Herzensbrecher). Nun taut er etwas auf und erzählt uns etwas zur Namensgebung der Schnäpse und zur Geschichte der Brennerei. Eine Kostprobe bietet er uns nicht an.

Einen sachlichen Grund für die Brennereidichte kann er uns nicht nennen, er vermutet, dass die anderen beiden Brennereien aus dem Nebenerwerb heraus entstanden.

Nummer 3: Der Marktführer

Kann man das bei nur drei Brennereien überhaupt schon sagen? In jedem Fall ist die Birkenhof Brennerei* bei Nistertal die mit Abstand größte Brennerei in diesem Trio.

Ihre Produkte kenne ich schon von unserem Termin in der Westerwald Touristik in Montabaur, denn zwei der Kräuterschnäpse werden extra für für Wanderer auf dem Westerwaldsteig gelabelt.

Wir kommen kurz vor 12 Uhr dort an, eine Mitarbeiterin ruft uns „geschlossen!“ zu – ohne zu verraten, dass es sich nur um eine einstündige Mittagspause handelt. Das wissen wir aus dem Netz, also schauen wir uns erst andere Wegpunkte an, bevor wir am Nachmittag einen zweiten Anlauf nehmen.

Die Frau hinter der Kasse macht vollkommen dicht, als ich ihr schildere, warum wir hier sind. Dazu wolle sie nichts sagen. Sie verweist auf die Geschäftsleitung, gibt mir einen Prospekt mit den Kontaktdaten und ich solle doch einen Termin ausmachen. Auf meine Frage, ob wir uns denn im Verkaufsraum umschauen dürfen, antwortet sie „na gut“.

Just als wir die Treppe hinauf steigen, kommt uns ein fröhlich-forscher Herr entgegen, der von der Kassiererin auf uns aufmerksam gemacht wird. Er stellt sich als Peter Klöckner vor und ist der Geschäftsführer. Spontan zeigt er uns die großen Räumlichkeiten, in denen schon alles vorbereitet ist für einen Whisky-Blending-Kurs und allerlei Verkostungen. Er spricht über öffentliche Führungen für Einzelpersonen und zeigt sich irritiert darüber, dass wir im Netz andere Zeiten gelesen haben, als er in seinem Prospekt nachliest. Er erzählt von seinem Fading Hill Whisky und von dem besonderen Einweichverfahren beim Schinn.

Wir sehen den Brennraum, das Spirituosenlager und das Whisky-Lager, in dem wir vom Angel’s Share fast beduseln. Wir bewundern den großen, sehr liebevoll angelegten Kräutergarten und loben die Idee, neben der Straße einen privaten Weg angelegt zu haben, auf dem die Gäste nach Verkostungen sicher zum Bahnhof finden. Herr Klöckner zeigt uns von der Terrasse und am Rechner noch einen Vorschlag für eine Wanderstrecke.

Kostenlose Kostproben sind wohl auch hier nicht vorgesehen, dafür gibt es einige käufliche Minifläschchen für 55 bis 65 Cent in Nähe der Kasse.

Auch hier stelle ich meine Frage nach der Brauereidichte. Die Kassendame hatte schon mit „keine Ahnung“ geantwortet, der Geschäftsführer windet sich mit „früher haben hier in der Gegend sehr viele Bauern im Nebenerwerb Schnaps gebrannt“ etwas um die Antwort herum.

Ja, sicher, das war ja in vielen Regionen so! Aber warum blieben ausgerechnet hier in diesem Tal gleich drei weiter bestehen? Da muss ich wohl weiter forschen, wenn ich es wirklich wissen will…

*keines der genannten Ausflugsziele hat mir etwas dafür gezahlt/gegeben/versprochen, dass ich sie hier nenne.

2 thoughts on “Westerwälder Schinn

  1. Hat der Wind dort auch kalt über die Höhen gepfiffen? Vielleicht ist die Destilledichte deswegen so hoch.

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