Bookcrosser kennen diesen Berg. Manch einer versucht, ihn über die Westflanke zu erklimmen. Andere ziehen eine Kletterpartie auf der Nordwand vor. Korrekt schreiben wir ihn Mount To Be Read, aber das wäre ja in der Überschrift nicht so spannend gewesen 😉 Wir kürzen ihn gerne als Mount TBR ab. Gemeint ist damit der Berg ungelesener Bücher. Bei mit ist er momentan so hoch wie der K2, ich komme durch die Kinder kaum noch zum Lesen. Lesefutter nehme ich aktuell eher auf Hörbüchern im Auto zu mir.

Aber die Kinder lesen gerne und viel. Also komme ich täglich in den Genuss, ein Duzend Bücher in Händen zu halten: Bilderbücher der beiden Kleinen, von Aurelia noch Selbstlesebücher aus der Schule und Vorlesebücher. Denn auch wenn sie jetzt schon kurze Worte selbst lesen kann, lieben wir die gemeinsamen Sofazeiten, in denen ich ihr vorlese. Manchmal setzen sich auch die kleinen Schwestern dazu.

Bei der Eingabe der BCID

Vorigen Monat hatte Aurelia mich gebeten, nach neuen Büchern Ausschau zu halten und ich fragte für sie im Bookcrossing Forum nach. Hach, was soll ich sagen? Ich bin überwältigt von den vielen Bookcrossern, die uns insgesamt fast 80 Bücher schickten. Bilderbücher, Selbstlesebücher und Vorlesebücher. Pixis, Weihnachtsbücher und Bastelanleitungen. Ganz moderne mit neuer Rechtschreibung, ältere mit alter Rechtschreibung, einige kenne ich noch aus meiner Kindheit. Vier Stück sogar in Englisch. Eine perfekte Mischung.

Ich war einige Stunden allein mit dem Schreiben von Bookcrossing-Journals beschäftigt, die mir Aurelia diktierte. Denn jeder, der ihr ein Buch geschickt hat, soll natürlich auch wissen, dass das Buch gut angekommen ist, ob wir es schon gelesen haben und wie es uns gefällt. Machen wir doch gerne!

Manchmal erfuhren wir sogar die Geschichte des Buchs. Eine Buch fehlten die letzten Seiten, weil die Vorbesitzerin (4 Jahre) den Umgang mit der Bastelschere geübt hatte. Ein anderes Buch war ganz neu, als der Vorbesitzer (7 Jahre) aufschlug – und ihm alle Blätter entgegen flatterten. Er las es ganz vorsichtig und fand den Inhalt so schön, dass er es für Aurelia Blatt für Blatt mit Tesafilm zusammen klebte. Das war zwar ziemlich krummund schief, aber die liebevolle Geste zählt!

Eine schöne Mischung

Nun lese ich zwar immer noch jeden Abend den Grüffelo vor, weil Nele und Cari dieses Buch genauso lieben, wie Aurelia in dem Alter. Aber die Bücher zwei bis vier wechseln bei den Kleinen jeden Abend.

Bei Aurelia kann ich nun endlich eine Pause bei Grimms Märchen einlegen, die wir rauf und runter lesen. Es gibt für sie nun abends vollkommen neue Vorlesebücher und sie freut sich auf ein Dutzend Bücher für die Lesestufen 2, 3 und 4. Sie nennen sich ganz lustig Leselöwen, Lesepiraten, Lesebär,…

Ein sehr schöner Anreiz, Lesen zu lernen. Ganz lieben Dank an alle Spender!

Zwei von vier neu gefüllten Regalabteilen:

Hier die Selbstlesebücher für die nächsten 2-3 Jahre
und hier Bilderbücher für die kleinen Schwestern

P.S.

Für diejenigen, die Bookcrossing nicht kennen:

Wir registrieren ein Buch auf der Seite www.bookcrossing.com und erhalten dafür eine BCID = BookCrossing Identity Number. Die schreiben wir ins Buch, meist auf einen Aufkleber, ich habe aber auch einen Stempel, den ich manchmal benutze. Nun können wir das Buch an einen anderen Bookcrosser weitergeben oder „auswildern, d.h. einfach irgendwo hinlegen und auf einen neuen Finder hoffen. Gute Erfahrungen habe ich mit Bücherregalen in Jugendherbergen, mit dem Aufenthaltsraum des Krankenhauses, mit Geocaches und mit Fahrradkörbchen vor der Uni geparkter Fahrräder. Wer das Buch zugeschickt bekommt oder findet, schreibt nun ein Journal, damit der Eigentümer weiß, wo sein Buch ist und ob es ihm gut geht.

Ja, das ist schrill, ich weiß. Aber ich kann Bücher, die noch lesbar sind, nicht wegwerfen und so geht es vielen anderen auch. Unter dem Motto „Regalhaltung ist Buchquälerei“ schenken wir unseren Büchern die Freiheit, wenn wir sie ausgelesen haben. So ein Buch ist ja auch nur ein Mensch. Und möchte lieber mehrere als nur einen Menschen mit seinem Inhalt glücklich machen.

Ein Buch-Engel

Es geht sogar noch schriller: Ich bin „ehrenamtliche Leiterin“ des Bookcrossing-Friedhofs. Ist ein Buch durch Wasserschaden, mutwillige Zerstörung, Stockflecken, zu große Nähe zum Adventskranz, Schimmel oder bröselige Bindung nicht mehr zum Weitergeben geeignet, wirft der Besitzer es nicht einfach in die Blaue Tonne, sonder schickt mir vorher noch eine kurze Nachricht mit der BCID, damit ich es virtuell bestatten kann. Nachdem eine der Bookcrosserinnen erfahren hatte, dass ich vor Jahren eine Hospizhelferausbildung und eine Ausbildung zur Psychosozialen Notfallnachsorge gemacht habe, haben wir augenzwinkernd den Buchfriedhof um eine Palliativ- und Hospizstation für im Sterben liegende Bücher erweitert.

Ist schrill und albern für Außenstehende, das gebe ich zu. Aber Bücher sind mir in manchen schlimmen Lebensphasen sehr wichtige Freunde gewesen und stehen mir deutlich näher als die meisten anderen Sachgegenstände.

4 thoughts on “Mount Toberead

  1. Ja, es gibt schon bekloppte Hobbys 😉
    Mein MTBR hat zur Zeit 269 Bücher und das sind nur die registrierten. Bildbände registriere ich nämlich erst, wenn ich weiß dass ich sie nicht mehr behalten mag. Wer dann noch um meine Vorliebe für dicke Schwarten weiß, kann sich den Berg wohl vorstellen.
    Ist Aurelia mit 80 Büchern gleichzeitig nicht überfordert? Oder servierst Du die Häppchenweise?

    1. Es sind ja sehr unterschiedliche Bücher die über einen Zeitraum von etwa zweieinhalb Wochen eintrudelten. Sie ist mit der Gesamtmenge der angesehenen Bücher nicht überfordert, weil wir gemeinsam für jedes Buch eine Entscheidung getroffen haben: ein Bastelbuch ist ja kein Liederbuch oder Weihnachtsbuch oder Bilderbuch für die kleinen Schwestern oder Vorlesebuch oder Selbstlesebuch. Letztere haben wir dann noch in sofort – im Frühling – nächstes Jahr – übernächstes Jahr sortiert und schon war alles sehr überschaubar. Aktuell liest sie den beiden Kleinen ein Bilderbuch vor, bei dem sie den Text selbst entziffert. (Mir wäre lieber, sie würden um die Zeit schon schlafen, aber so ist es auch in Ordnung für mich.)

    2. Also auf dem akuten „Berg“ liegen 15 Bücher, aber im Moment komme ich wenig zum lesen. Nach der Arbeit gibt es Essen, dann lungern wir noch etwas vor der Glotze und dann falle ich ins Bett. Bin im Moment immer grottenkaputt….

  2. Ja, das kann ich nur bestätigen. Es ist leichter eine Fliege zu erschlagen als ein Buch wegzuwerfen. Ich hoffe immer, dass meine ausgesetzten Bücher, auch wenn ich länger nichts von ihnen höre, einen neuen Leser gefunden haben und irgendwann, das hat die Erfahrung gezeigt meldet sich das ein oder andere Buch auch mal wieder. Die längste spannend man drei Jahre

    Ich freue mich dass ihr alle vier besonders die kleinen drei so viel Freude an Büchern habt.

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