Üblicherweise erledige ich einmal wöchentlich alle unsere Einkäufe, dabei kaufe ich möglichst viel bei Aldi* oder Lidl*, den Rest der Standard-Sachen bei Rewe* und das frische Grünzeugs bei unserem Bauern Zens auf dem Gertrudenhof*.

Noch schmunzelnd über Bibos Blogbeitrag Hamsterkäufer fragte ich mich heute Mittag auf dem Weg zu meinem Wocheneinkauf, was mir wohl widerfahren wird.

Auch wenn ich ohne einen einzigen Einkauf wiederkommen würde, wären wir weit vom Hungertod entfernt. Die eine oder andere Spezialität würde uns ausgehen, dann müssten meine Mädels eben Dinge essen, die sie nicht ganz so gerne mögen. Dank meiner kriegs- und nachkriegs-erfahrenen Mutter sind bei uns Vorratskeller und Kühltruhe immer gut gefüllt. Das gab mir Gelassenheit, aber die Neugier blieb.

Ich wurde nicht enttäuscht:

1.) Ich saß kaum im Auto, da rief mich meine Mutter an: „Zu Lidl* brauchst du gar nicht fahren. Nudeln, Milch, Toastbrot und Toilettenpapier wirst du da nicht finden!“

2.) Im Aldi* griff ich zu Vollkorntoast, weißer Toast war ausverkauft. Großartig. Ein besseres Argument als „Wir haben nirgendwo hellen Toast bekommen.“ kann ich mir meinem täglichen Versuch, meinen Mitbewohnerinnen einen vielfältigeren und gesünderen Speiseplan schmackhaft (!) zu machen, gar nicht vorstellen. Mit meinen diversen Schwarzbroten und Omas Graubroten gab es keine Probleme.
Einen Gang weiter staunte ich über etwa 8 Kubikmeter gähnende Leere, wo sonst das Toilettenpapier und die Küchenrollen lagern.
Gegenüber teilte ich mir die letzten acht Packungen Spaghetti und zwei Packungen Bandnudeln mit zwei netten Türkinnen und einer panischen Deutschen. Weil letztere angesichts dieser Lage den Tränen nahe war, überließ ich ihr die Bandnudeln und griff stattdessen nach Linsennudeln. Die wollte ich schon immer mal probieren, aber bislang (!) war niemand bereit, sich an diesem Experiment zu beteiligen. Außerdem wanderten aus noch randvollen Kartons Reis und Couscous in meinen Wagen. Hm, diese Auswirkung der Coronahysterie schmeckt mir!
Auch das Konservenregal glänzte durch gähnende Leere. Ich fühlte mich an Reisen in die DDR erinnert, wo auch auf mehreren Metern Regalfläche eine einzige kleine Dose Ananas stand.
Nicht erklären konnte ich mir die Leere an der Stelle, an der sonst die frische Hefe zu finden ist. Mir kann doch keiner erzählen, dass sich jemand einen häuslichen Vorrat an frischer Hefe anlegt, um im Notfall selber Brot backen zu können.
Sorgen machte mir allenfalls die Milch, weil meine Minis echte Milchmonster sind und wir pro Tag etwa zwei Liter benötigen. Gähnende Leere bei frischer Vollmilch und bei H-Vollmilch, gleiches bei 1,5 %, die sie notfallmäßig akzeptieren würden. Und mit 0,3 % brauche ich denen nicht zu kommen, das ist ja nur trübes Wasser. Auf dem Weg zur Kasse entdeckte ich ein Sonderangebot. Perfekt! Die gute Weihenstephan Milch – sogar günstiger als die Hausmarke, heute ist mein Glücktag!
In der Warteschlange vor der Kasse erfuhr ich beim Blick in die Einkaufswagen der anderen Kunden einiges über den Grad ihrer Corona-Panik: Ein alter Mann mit vier Bier-Sixpacks. Eine junge Mutter mit zwei randvoll geladenen Einkaufswagen, drin so ziemlich alles, was in Dosen, Tetra oder Gläsern verkauft wird. Eine Frau um die 30 mit einer ganzen Kiste Nudeln, 8 Sixpacks Sprudelwasser und zwei Stiegen Dosentomaten. Die beiden Türkinnen von eben mit den geteilten Nudeln, einem Berg frischem Obst und Gemüse, Joghurt, Süßigkeiten und anderen „normalen“ Einkäufen. Eine alte Dame mit 8 oder 10 Packungen Schwarzbrot und etwa der gleichen Menge an Konfitüregläsern. Die Panische von eben mit einem übervoll beladenen Einkaufswagen mit Konserven, Brot, Nudeln, Reis, Kloßpulver, Kartoffelpüreepulver, 4 Großpackungen Papiertaschentücher, 5 oder 6 Packungen Seife und einem halben Dutzend Flaschen Wodka. Sie fühlte sich von meinen Blicken ertappt und erklärte: „Wodka soll genauso gut desinfizieren wie Sterilium!“

3.) Rewe*. Der Parkplatz war so voll, dass sogar alle halblegalen und alle vollkommen verkehrsbehindernden Parkmöglichkeiten vergeben waren. Nein, von dort brauchte ich heute dann doch nichts…

4.) Auf dem Gertrudenhof*-Parkplatz standen weniger Autos als sonst. Im Laden konnte ich alles bekommen, was ich sonst auch hier kaufe. „Naja, hier gibt es eben auch nur frische Sachen!“, sagte die Frau an der Kasse, als ich mich darüber freute.

Auf der weiteren Fahrt wurde ich nachdenklich: Mir gingen Bibos Fragen „Warum hamstern die Leute jetzt Seife und Klopapier? Haben die sich vorher nie die Hände gewaschen oder den Po gewischt?“ nicht aus dem Kopf.

Mit meiner Beute holte ich die Kinder von der Schule ab. Alle quasselten durcheinander und waren kaum von ihren Freunden zu trennen und aus dem Schulgebäude zu bugsieren. Sie sind sich einig, dass sie Corona cool finden. Endlich nehmen die Erwachsenen jedes Räuspern, Husten und „Mir ist es heiß!“ ernst. In den Waschräumen gibt es jetzt Flüssigseife, die viel besser riecht als die alte. Überall stehen und hängen neue Spender, aus denen das Desinfektionsmittel nicht heraus läuft sondern heraus schäumt!

Die Eltern der anderen Kinder haben wohl auch Hamsterkäufe getätigt. Denn die kleinen Fachleute diskutieren zu meinem größten Vergnügen darüber,

  • warum sich die großen Mädchen aus der middle school plötzlich alle die Hände waschen. „Das haben die doch sonst nie getan!“
  • warum die Erwachsenen plötzlich so viele Sachen kaufen, die sie sonst gar nicht mögen
  • warum einige als Arzt verkleidet in die Schule kommen, obwohl Karneval vorbei ist
  • warum so viel Toilettenpapier gekauft wird, obwohl man von dem Virus gar keinen Durchfall bekommt
  • warum „Nudeln besser für die zwei Wochen Virusurlaub sind als Kartoffeln“
  • warum man momentan unbedingt Hamster kaufen sollte oder was Hamster am liebsten einkaufen oder warum alle immer von Hamsterkäufen reden…

Nein, ich will weder die notwendigen Schutzmaßnahmen in Frage stellen, noch den Virus verharmlosen. Ich gehöre zu einer Risikogruppe und stelle mir sowohl eine Erkrankung, als auch eine zweiwöchige Quarantäne nicht eben als Urlaub unter Palmen vor. Deshalb habe ich auch nicht schon am Wochenende an den kollektiven Hamsterkäufen teilgenommen, weil ich mich dort ja auch prima sofort hätte anstecken können. Aber was aktuell in den Köpfen der Bevölkerung los ist, kann ich nur schwerlich unter „gesunden Menschenverstand“ subsumieren.

P.S. Das Beitragsbild mit dem Feldhamster und dem Goldhamster habe ich meiner guten alten Brockhaus Enzyklopädie* entnommen. Denn bei all den Gesprächen über Hamster wollten wir dann doch einmal wissen, wie sie sich von Meerschweinchen und untereinander unterscheiden.

*Werbung? Ja! Ich nenne solche Firmen- und Produktnamen aus voller Überzeugung – aber ohne deren Gegenleistung.

6 thoughts on “Einkaufen in Zeiten der Virus-Panik

  1. Wie schön, dass Du noch länger über meinen Beitrag nachdenkst. 🙂
    Falls Euch das Kloapier ausgeht: Ich habe noch welches aus chinesischem Bambus.

    1. Danke für das nette Angebot! Wenn es das mit den robusten Innenröllchen ist, bin ich aktuell (!) ausschließlich an diesen als Bastelmaterial interessert

  2. Guckguck, der Göttergatte und ich haben bereits letzte Woche beschlossen, das wir bei der ganzen Panik nicht mitmachen. Wir haben keine größeren Vorräte als sonst im Haus, denn damit brauchen wir die nächsten 5 – 7Tage nucht vor die Türe. Das reicht uns fürs Erste.
    Wir sind gelassen, aber man überdenkt dann plötzlich doch, auf wieviele Personen man getroffen ist, oder ob der Infekt der kleinen Tochter dann doch etwas größeres zu bedeuten hat?! Eben hab ich mich kurz dabei „ertappt“ wie ich in mich hinein gehorcht habe, und mich ernsthaft gefragt habe, ob meine aktuelle normal erscheinende Erkältung, doch behandlungsbedürftig ist?! Und Gott sei Dank, meine Antwort bleibt gelassen! LG Diana 🙂

    1. Ja, du kaufst auch einmal die Woche ein. Genau das scheint mir bei einigen Leuten der Knackpunkt zu sein. Sie haben gar keine Vorräte, sondern kaufen nur für die nächsten 1-2 Tage ein. „Normale“ Menschen wie wir haben dafür keine Zeit und machen ohnehin Wocheneinkäufe.

  3. Und das blöde ist auch: Diejenigen die jetzt laute rsachen einkaufen, die sie nicht mögen, werfen die alle weg, wenn das Mindesthaltbarkeitsdatum abgelaufen ist.

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