Ich möchte euch ein wundervolles Buch vorstellen, das uns durch das Sommerhalbjahr begleitet hat: Meine wilden Kräuterfreunde von Anja Fischer, ISBN 978-3-7104-0315-6, 16 €.
Der Untertitel lautet „Heimische Wiesenkräuter entdecken und kennenlernen“ und auf der Vorderseite ist „Das Mitmachbuch für die ganze Familie“ zu lesen. Also genau das Richtige für uns, denn wir hatten ja schon in den ersten Wochen der Pandemie mit dem Sammeln von Pflanzen für unsere Herbarien begonnen.
Es ist eine gelungene Mischung aus wissenschaftlich fundierten Informationen und Mitmachvorschlägen für kleine und große Kräuterfreunde. Ihr seht mich vollkommen glücklich über dieses Buch schreiben, denn es ist so liebevoll gestaltet, dass wir es immer wieder zur Hand nehmen. Uns allen ist dieses Buch wichtig, deshalb darf nur ich hineinschreiben, weil jedes Kind mit der Handschrift der anderen beiden nicht zufrieden wäre und Sorge hätte, damit den schönen Gesamteindruck zu zerstören.
Nun aber von vorne: Das Buch beginnt mit einem freundlichen Vorwort, in dem die Autorin sich in kindgerechter Sprache an uns Leser wendet. Natürlich duzt sie uns dabei. Hier kam eine erste kleine Irritation bei den Kindern auf: warum schreibt sie „du“, obwohl das Buch laut Cover für die ganze Familie gedacht ist, sie also „ihr“ schreiben müsste.
Das bunte Inhaltsverzeichnis ist mit „Was dich in diesem Buch erwartet“ überschrieben. Dann folgen sechs Seiten, in denen uns der Umgang mit dem Mitmachbuch erklärt wird. Hier entdeckten wir schon die ersten Mitmachsachen: wir erfuhren, welche Kräuter zu Büscheln gebunden und zum Trocknen kopfüber hängen sollten und die zarten Blüten von Vergissmeinnicht, Gänseblümchen und Schlüsselblumen sich gut auf einem selbst gebastelten Trockengestell aus einem alten Bilderrahmen mit einem Stück Gardine trocknen lassen.
Den größten Teil des Buchs macht der Teil aus, den meine Töchter „das Freundebuch“ nennen. Ja, genau! Die wilden Kräuterfreunde stellen sich vor. Aber erst, nachdem wir unsere Seite „Das bin ich“ ausgefüllt haben. Nicht schlimm, dass hier wieder von einem einzigen Leser ausgegangen wird, es ist Platz genug, um alle Namen, Geburtsdaten und Vorlieben einzutragen und links wurde kurzerhand ein Familienfoto eingeklebt. In diesem Freundebuch finden wir Einträge unserer Freunde Gänseblümchen, Vogelmiere, Brennnessel, Löwenzahn, Vergissmeinnicht, Schlüsselblume, Gundelrebe, Schafgarbe, Spitzwegerich, Breitwegerich, Rotklee und Hirtentäschel.
Jedem der zwölf wilden Freunde stehen sechs Buchseiten zur Verfügung: ein Aquarell der Pflanze, zwei Seiten Steckbrief, einer leere Seite zum Aufkleben unseres getrockneten Freundes und zwei Seiten mit Kreativtipps. Jede Seite zauberte uns ein Lächeln ins Gesicht, so prall gefüllt ist es mit liebevollen Illustrationen, witzigen Beschreibungen und Verwendungstipps. Diese führten immer wieder dazu, dass wir das Buch sofort weglegten und eine bestimmte Pflanze suchen gingen, um daraus etwas leckeres oder schönes herzustellen.
Die Kinder – und unkundige Erwachsene wie ich – werden in der Ich-Form von den Kräutern angesprochen und wir haben viel über sie erfahren. Die Steckbriefe beginnen mit dem Namen, den Spitznamen der Zauberformel (dem botanischen Fachausdruck), der Familie und den besten Freunden.
Besonders süß fand ich das Gänseblümchen: „Was Du unbedingt noch wissen solltest: Der Legende nach achte ich auf deine Gesundheit. Die ersten drei meiner Art, die dir im Frühling begegnen, solltest du mit dem Mund pflücken und essen. Dann bleibst du das ganze Jahr gesund.“ Dafür waren wir in diesem Jahr zu spät dran, aber ich werde es nächstes Jahr bestimmt machen, vielleicht erspart es mir ja einige Krankheiten.
Unsere besten Freunde sind die Brennnessel und der Spitzwegerich. Mit dem netten Begriff „Stinkebrühe“ wird hier sogar erklärt, wie wir mit selbst angesetzter Brennnessel-Jauche unsere Pflanzen düngen und Blattläuse vertreiben können. Den meisten Spitzwegerich benötigen wir zwar zur Linderung von Insektenstichen und Brennnesselverbrennungen, aber es war noch genug davon übrig, um nach den Rezepten des Buchs Hustenhonig anzusetzen und Spitzwegerich-Focaccia zu backen.
Wir haben Wildkräutersalat geschlemmt, Zero-Waste-Wunschbündel in der Feuerschale verbrannt und Eiswürfel mit Blüten hergestellt. Aus dem Buch erfuhren die Kinder, dass die Erwachsenen früher Löwenzahnwurzeln als Kaffee-Ersatz verwendet haben und lange mit Oma über die Zeiten gesprochen, in denen Kaffee für sie unerschwinglich teuer war. Sobald wir irgendwo Hirtentäschel entdecken, wollen die Kinder ihr ein Butterbrot mit Hirtentäschel-Herzen machen. Abgerundet wird das Buch von einigen Kurz-Steckbriefen für weitere wilde Freunde, einem Sammel- und Saison-Kalender, Ausmal- und Rätselseiten, einem Memo-Spiel und Aufklebern für unsere Kreationen. Alles ist so bezaubernd zusammengestellt, dass ich das Buch am liebsten hundertfach verschenken würde.
Jetzt am Ende möchte ich der Autorin und dem Verlag dafür danken, dem Hochdeutschen die kalte Schulter gezeigt zu haben. Ein ganz besonderer Moment war es beim Lesen und Vorlesen immer, wenn eins der Kinder ein Wort entdeckte, das es nur in Österreich gibt. Wir haben „Jänner“ (Januar), „Topfen“ (Quark) und Germ (Hefe) entdeckt, aber bestimmt finden wir noch mehr. Denn wir wollen noch ganz viele weitere Rezepte ausprobieren, wollen euch vorher aber schon einmal dieses Lieblingsbuch empfehlen, bevor der Winter kommt.
Übrigens: Das Rezept für den Hustenhonig nennt Anja Fischer in ihrem Blog Gänseblümchen & Sonnenschein übrigens Wander-Husten-Honig, weil sie mit ihren Kindern im Frühjahr und Sommer bei jeder Wanderung einige Kräuter für den Honig sammelt. Schaut doch mal rein, sie gibt auch viele andere nette Tipps rund um Kräuter, Räuchern & Co.