Kennt ihr den Satzanfang „Wenn du Hilfe brauchst,…“?

Manchmal folgt der Halbsatz „… ruf mich an!“ oder „…sag Bescheid!“. Oft bleibt es aber bei dem unvollendeten Satzanfang.

Nun weiß ich auch warum: Weil der Sprecher sich zwar irgendwie vorstellen kann, dass ich Hilfe brauche, aber sich den zweiten Halbsatz verkneift – aus lauter Sorge, ich könnte von dem Angebot Gebrauch machen.

Das mache ich ohnehin nur sehr selten. Wenn ich mich aber schon einmal überwinde, jemanden um Hilfe zu bitten, geht das in aller Regel schief.

Aktuelles Beispiel: Meine Mutter ist in der Klinik, meine Minimäuse fiebern und zahnen, eine hat zudem auch noch den Mund voller schmerzhafter Aphten. Hilfe könnte ich wirklich schon allein deshalb gut brauchen.

Während ihrer Abwesenheit wollte ich eigentlich einen schon lange geplanten Mauerdurchbruch zwischen unseren beiden Wohnungen machen,  damit ihr der Staub und Dreck erspart bleiben. Im Anschluss an die Bauarbeiten wollte ich sie damit überraschen, dass ihr Bad, ihr Gäste-WC und ihre Küche auch an Fliesen, Fenstern und Dunstabzugshaube glänzen. Das geht aber nicht, wenn mir drei Wuselchen helfen.

Acht Menschen haben mir in die Hand versprochen, bei den Bauarbeiten, bei der Überraschung oder beim alltäglichen Wahnsinn zu helfen. Weitere vier drohten vage mit „Wenn ich’s schaffe, komme ich für ein paar Stunden vorbei.“ Ein Handwerker sagte mir verbindlich für Freitag zu. Unsere Nachbarin teilte sogar ihre Töchter zum Babysitten ein. Sie hat selbst Zwillinge und erkannte mein Problem. Denn selbst fürs Rasenmähen oder für die Fahrten in den Kindergarten oder ins Krankenhaus muss ich ja mit den Minimäusen viel mehr Zeit einplanen als ohne.

Geholfen hat keiner, aber herrlich phantasievolle Ausflüchte hatten alle.

Mit der Bandbreite der plötzlichen Erkrankungen könnte ein Hausarzt auf dem Lande schon ins Schwitzen kommen. Ein Auto ist nicht mehr fahrbereit, ein Firmenwagen verunfallt, ein Mitarbeiter schwer erkrankt, ein Urlaub wurde gestrichen, eine Reise kam „unerwartet“ hinzu, zwei Möchte-Gern-Helfer sind seit einer Woche auf Tauchstation. Das Highlight war eine Dame, die sich „für den ganzen Tag“ angekündigt hatte, meine ohnehin schon im Wagen schlafenden Zwillinge 20 Minuten um den Block schob, aber mit dem Erwachen der ersten Minimaus (sie weinte nicht einmal) plötzlich ihre Mutter vom Flughafen abholen musste.

Alles gut, ging ja auch ohne, nur eben anders. Die Wand steht noch, der Rest des Hauses auch. Immerhin habe ich Mamas Kühl-Gefrier-Kombination abgetaut, das war dringend nötig.

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Nele half mir gerne und nutzte die Zeit, die ich mit Auswaschen des Kühlschranks verbrachte, um sämtliche Gewürze auszuräumen und in einen Eimer zu werfen. Leider waren nicht alle Verpackungen geschlossen – was den Vorteil hatte, dass ich ihren Niesanfall hörte, nachdem sie ein Döschen Pfeffer ausgekippt hatte.

Also bleibe ich dabei, mich an den bekannten und zutreffenden Spruch zu halten

„Hilf dir selbst, dann hilft dir Gott.“

Denn wenn ich mich auf andere verlasse, bin ich verlassen.

Das ist weder böse  gemeint, noch depressiv, sondern einfach nur Realität in meinem Leben.

Hier also die Antwort auf die immer wieder gestellte Frage „Wie schafft Ingrid das nur?“: Ich muss es schaffen, denn es hilft mir niemand.

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