„Was du dir bestellt hast, musst du auch aufessen!“ raunzt ein deutschsprachiger Vater am Nebentisch seinen Sohn an. Der Junge jammert „Aber ich wusste doch gar nicht, wie das schmeckt!“, kassiert eine Ohrfeige und reißt die Augen auf.

Cari war aufgesprungen, auf den Vater zugerannt und hatte mit erhobener Hand laut „STOPP!“ gerufen.

Der Mann lief feuerrot an, nahm seinen Sohn in den Arm und entschuldigte sich bei ihm. Dann streckte er Cari die Hand hin und lobte sie: „Du hast vollkommen Recht, Erwachsene dürfen Kinder nicht schlagen. Danke für deine Hilfe.“

Noch während sich der Vater bei mir zu rechtfertigen versuchte, reichte Nele dem Jungen eins ihrer Sandwiches.

Ich kann den Ärger des Mannes verstehen. Wie oft habe ich mich schon geärgert, wenn die Kinder etwas bestellt und nicht gegessen haben.

Aber andererseits möchte ich, dass sie neugierig bleiben. Dazu gehört auch, dass sie Essen bestellen dürfen, das sie nicht kennen und von dem sie natürlich noch nicht wissen, ob es ihnen schmeckt.

Das geht mir doch auch nicht anders, da sieht etwas in der Vitrine oder auf der Menükarte köstlich aus und schmeckt scheußlich oder nach nix. Das will ich dann ja auch nicht aufessen müssen.

Deshalb bestellen wir oft 3-4 vollkommen verschiedene Gerichte. Dann können wir probieren und tauschen. Nele war vielleicht auch deshalb so freigiebig mit dem Sandwich, weil die sich schon an Caris Zitronenkuchen satt gegessen hatte, die wiederum die Hälfte von Aurelias Sandwich intus hatte, das diese nicht schaffte, weil sie bei Oma von der Baked Potato mitgegessen hatte und von meinem Teller die Crisps runtergefuttert hatte, die ich nicht mag.

Wie haltet ihr es (für euch selbst und/oder mit euren Kindern)? Wird gegessen, was auf den Tisch kommt? Wie picky darf ein Kind sein?

8 thoughts on “Probieren ./. Aufessen

  1. DAS traue ich mich als Erwachsene nicht einmal. Hut ab, kleine Cari! Habt ihr dieses Stopp im Kindergarten gelernt?

  2. Ich habe ja keine Kinder, aber in dem Fall haben meine Eltern wohl was richtig gemacht. Ich durfte immer alles probieren, musste es aber nicht aufessen. Der Rest der Familie, mit Vettern und Kusinen hielt es wohl auch so, denn an derartige Dramen kann ich mich nicht erinnern. Mein Vetter Rolf und ich waren immer die ersten am Büffet.
    Mir gefällt das Konzept des Räubertellers. Das Kind bekommt einen kleinen Teller und Besteck und darf von den Erwachsenen räubern.
    Ich erinnere mich auch an eine unrühmliche Ausnahme. Mein Vater liebte Erbsen-Bohnen-Linsensuppe, also Eintopf aus getrockneten, stundenlang eingeweichten Hülsenfrüchten. Dem entsprechend oft gab es die Mittags. Ich mochte schon den Geruch beim Einweichen nicht und wahrscheinlich habe ich mal eine Überdosis Erbsen* erwischt. Jedenfalls mochte ich die Erbsensuppe nicht essen, die ich früher gegessen hatte, sollte aber aufessen und habe sie dann quer durch die Küche gekotzt. Das war meinen Eltern eine Lehre in Bezug auf: Das Kind muss aufessen. Ich esse immer noch keine Erbsensuppe, wenn es sich vermeiden lässt.
    * https://www.deutschlandfunkkultur.de/im-erbsenwahn.993.de.html?dram:article_id=266537

    1. Willkommen im Club! Erbsensuppe würde ich nur in Kriegszeiten essen, wenn ich nach wochenlangem Fasten einen Kreislaufzusammenbruch fürchten würde. Bei mir lag es nicht an den Eltern, sondern am DRK. Wann immer wir einen größeren Einsatz hatten, wurde Erbsensuppe gekocht. Ich kenne die Varianten mit stundenlang eingeweichten Erbsen (mir wird auch vom Geruch schon schlecht), das Erascorant (großer Ekelfaktor für mich sind die undefinierbaren Stücke totes Tier darin), Hausmacherart (auch dabei war für mich nichts Genießbares), mit Kartoffelpüree angedickt (absolut scheußlich) und Edelrezepte (was bitte sollen Oliven oder Fenchel oder Kichererbsen da drin???). Meine Freude am ersten Praxistag in der Feldkochausbildung hatte ein Ende, als wir als erstes Gericht einen Erbseneintopf kochen sollte. Habe dann sofort von Feldkoch auf Küchentechniker umschwenken müssen. Es ist nicht gut, mit Brechreiz in einem 300 l fassenden heißen Topf zu rühren…

  3. Ich habe ja keine, kann mich aber noch gut an die gestellte Uhr erinnern („wenn Du bis zum klingeln nicht aufgegessen hast, dannnnn…..“ – und ich wusste nie, WAS dannnn …. und das waren Sachen, da war vorher klar, ich mag das nicht. Aber musste trotzdem essen. ….“Es wird gegessen was auf den Tisch kommt!“) Andere Zeiten……
    Insofern bin ich prinzipiell gegen aufessenmüssen. Aber.
    Ich kenne nämlich auch DIE Geschichten, wo Kind genau XY haben möchte (und alles durchaus geschmacklich kennt), und wenns dann da ist, dann aber will es YZ. Das ist was anderes, da plädiere ich dann auch für aufessenmüssen.

    1. Oje, du Arme!

      Das kenne ich nur aus der Kinderkur. Da musste ich am Tisch sitzen bleiben, bis ich aufgegessen hatte. Ich saß also am Anreiseabend bis zur Schlafenszeit vor dem Abendbrot, mittags zog man das nicht gegessene Frühstück vor mir weg und ersetzte es durch das Mittagessen, abends dann Wechsel von Mittagessenteller gegen Abendessenteller. Das führte zu nichts außer zu einer Beleidigung und eine Kapitulation der Betreuerin: „So ein Sturkopf ist mir in meinem ganzen Leben noch nicht begegnet. Dann iss halt eben, was du magst! Ich habe keine Nerven mehr, dir den ganzen Tag hier sitzen zu sehen!“

      Wie du es im letzten Satz geschrieben hast, mache ich es auch meist: Kennt ein Kind den Geschmack und bestellt es, warne ich noch einmal „Das hast du dir schon einmal bestellt und mochtest den Geschmack nicht.“, das Hilf in 80 % aller Fälle. Besteht das Kind aber darauf, wird es auch gegessen, bzw. es gibt zumindest nichts anderes.

      1. Ist aber doch auch eine Frage der Zubereitung.
        Matschig gekochte Kohlrabi, mit Mehlschwitze angedickt und mit Muskat abgeschmeckt ist doch kein Vergleich zu rohen oder leicht angedünsteten. Da hilft auch kein: du kennst den Geschmack.
        (Sag mal kannst Du hier nicht mal einen „Angemeldet-bleiben-Button einführen?)
        Und Gemüse enthält Giftstoffe, die sich im Kinderkörper leicht anreichern. einen Tag isst du was, den nächsten hast du ne Überdosis.

        1. Wie bastelt man denn einen solchen Angemeldet-bleiben-Button. Ich erinnere daran, dass ich der DAU bin, über den sich seit Jahrzehnten alle Nerds der Welt die Haare raufen…

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