Kaum zurück aus der Eifel hat mich der Alltag in seiner ganzen Härte wieder. Nein, ich habe keine Probleme mit dem Wäscheberg, dem dreckigen Auto, der defekten Ausrüstung, den abzutippenden Notizen oder dem leeren Kühlschrank. Den Wäscheberg erklimmen wir über die Westflanke, danach machen wir eine Expedition zur Waschstraße (mit Lolli- und Gruselgarantie für alle) und in den Supermarkt, Reparieren macht mir nichts. Das Manuskript muss warten, bis alle schlafen oder der Kindergarten endlich beginnt.

Nein, ich bin traurig darüber, dass ich vom Vater meiner Kinder in eine Situation gebracht werde, die ich immer vermeiden wollte: Ich behandele meine Kinder ungleich.

Er zeigt ganz klar eine Reihenfolge bei seinen Kindern. So wie er bei seinen inzwischen erwachsenen Kindern stets dem Mädchen den Vorrang gegenüber dem Jungen gab, so behandelt er auch seine drei Kleinen ganz unterschiedlich. Wenn ihm überhaupt der Sinn danach steht, sich mit den Kindern zu befassen, soll es allein Aurelia sein. Das habe ich seit der Geburt der Zwillinge immer damit entschuldigt, dass er mit ihr mehr anfangen kann als mit den beiden Minimäusen. Doch immer deutlicher stellt sich heraus, dass er Nele nicht mag. Er zieht Cari offensichtlich vor. Selbst wenn meine Mutter ihm nach einer Tour mit dem Kinderwagen eine gut gelaunte Nele in den Arm gibt, setzt er sie am Boden ab und nimmt sich die schlafende Cari aus dem Buggy. Ständig trägt er sie durch die Gegend, kein Wunder, dass sie keine Lust am Laufen hat!

Nele schaut dann mit großen traurigen Augen zu. Meist sehe ich es rechtzeitig und kümmere mich um sie. Aber leider nicht immer. Zugegeben: sie ist schwieriger als Cari, hat einen starken Willen und wirkt auf Fremde abweisend. Das darf meiner Meinung nach aber nur Fremde dazu bringen, lieber Cari als Nele auf den Arm zu nehmen, aber doch nicht den Vater! Gestern wollte er nur mit Aurelia und Cari zum Streichelzoo fahren. Ich habe mich geweigert, ihm mein Auto zu geben, wenn er Nele nicht mitnimmt.

Nun stelle ich für mich fest, dass ich vor lauter Mitleid mit Nele immer trauriger werde und sie in manchen Situationen spontan bevorzuge. Sobald ich mich dabei ertappe, steuere ich dagegen. Denn es ist von mir als Ausgleich gedacht, nicht als Bevorzugung eines Lieblingskindes.

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Meine drei Süßen in Viterbo (Italien)

Ich liebe meine drei Mäuse. Alle drei. Ich liebe sie nicht gleich, sondern jede auf eine ganz andere, aber nicht weniger intensive Weise als die anderen. Zu Aurelia habe ich ein besonderes Verhältnis, weil sie das jahrelang vergeblich erhoffte erste Kind ist. An Nele liebe ich ihren starken Willen und den Freiheitsdrang, ihre Zurückhaltung den Menschen gegenüber und ihr Zuneigung zu allen Tieren, sie ist vielleicht sogar mein Mini-Me. Cari ist mein süßes blondes Glück, das sich vom Frühgeborenenstatus zu einem niedlichen Wonneproppen entwickelt hat und nur zwei Stimmungen kennt: fröhlich oder weinend.

Manchmal mache ich nachts vor dem Einschlafen mit mir selbst den Familienbandetest, den ich vor ewigen Zeiten im Psychologieunterricht kennen gelernt habe: Ich stelle mir ein brennendes Haus vor, in dem sich meine komplette Familie befindet. Wen rette ich zuerst, wen danach? Das Ergebnis stimmt mich erleichtert. Noch (!?)  ist mit mir alles in Ordnung.

2 thoughts on “Lieblingskind

  1. Welch ein Zwiespalt, welch ein Jonglieren zwischen den Gefühlen und den Bedürfnissen Deiner Mädels. Eine ähnliche Situation erlebte ich als junge Mutter mit meinen Söhnen.

    Eine Psychologin hat mir einmal dagegen gehalten, dass wir Erwachsenen es sind, die einer Situation eine Wertung beigeben und dass Kinder ein Ereignis oft ganz anders empfinden als wir. Hätte es mir damals geholfen?

    Ich weiß es nicht.

    Eine gute Woche wünsche ich Dir/euch
    Elke

  2. Natürlich behandelst Du Deine Kinder ungleich, denn sie sind ja auch alle veschieden. Jedes brauch seine Form der Zuwendung. Aurelia ist fast 5 braucht Ansprache und will was vorgelesen bekommen. Nele ist sehr bedächtig, braucht ihre Zeit und liebt Tiere. Cari ist ein Springinsfeld, sie braucht action.

    Aber es ändert sich ja auch ständig. Hat sich Nele erstmal an jemanden gewöhnt will auch sie mehr Aufmerksamkeit , selbst Cari will auch mal in Ruhe gelassen werden und Aurelia wird schon bald selber lesen wollen.

    Nicht alle gleichbehandeln sondern alle so behandeln wie sie es brauchen. Mache ruhig Unterschiede…denn Deine Kinder sind auch unterschiedlich

    Zum Thema „Vater“ kennst Du meine Meinung…

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