Halbzeit!
Bei anderen Familien, die in der gleichen Quarantänesituation sind, liegen die Nerven blank. Besonders die Jungs in Käfighaltung (= Etagenwohnung) und deren Eltern halten es nicht mehr aus. So schönes Wetter, so lebhafte Kinder, und die Wohnung darf nicht verlassen werden. Dabei ist es soo einfach: Treppe/Fahrstuhl, Haustür auf – Freiheit!
Und was will passieren? Die Kölner Behörden haben nicht genug Personal, um die Absonderung so gründlich zu überwachen wie es hier „auf dem Land“ gemacht wird. Die Kinder sind inzwischen negativ getestet und selbst den Ärzten unter den Eltern leuchtet nicht ein, warum negativ getestete Kinder das Haus nicht verlassen dürfen.
Und genau das ist ja die Schwierigkeit. Es ist alles so unlogisch.
Ich dürfte mich mit einer neunköpfigen Familie in deren Wohnung treffen, obwohl ich gar nicht weiß, ob sie coronanegativ oder -positiv sind. Meine frisch getesteten Kinder dürfen nicht einmal allein mit mir in den Park hinter unserem Haus, obwohl sie da höchstens entlaubte Bäume und Löwenzahn anstecken könnten – wenn sie denn das Virus hätten, was aber gar nicht der Fall ist!
Egal. Die Kinder verstehen ein Verbot und gehen nicht einmal aus der Haustür bis zum Briefkasten. Vorbildlich.
Ach, und wir waren fleißig heute: Bügelwäsche, Kaninchenstallausmisten, Staubsaugen, Aufräumen, das volle Programm. Wir haben zudem einige Schulaufgaben im Homelearning nachgeholt, für die uns Montag bis Freitag die Zeit und/oder die Lust fehlte. Die Lehrerinnen arbeiten ja auch samstags. Ihre gut gelaunten Kommentare zu unseren Yoga-Videos lassen darauf schließen, dass sie sich totgelacht haben, mich steifen Klotz mit den beiden Kleinen herabschauenden Hund, Fels und Polarfuchs turnen zu sehen.
Das Außer-Haus-Team (Aurelia & Mama) war nach nur einer Stunde von der Runde Baumarkt – Lebensmitteleinkauf – Packstation – Briefkasten zurück. Super Leistung! Denn Baumarkt kann für uns tagesfüllend sein, wenn man uns lässt. Aber wir haben nun endlich alle Zutaten und Werkzeuge für eine eigene Tür in Aurelias Zimmer.
Eine Einladung versetzt mich in Unruhe: Ich soll mein Burgenbuch im Fernsehen vorstellen. Au weia, das habe ich noch nie gemacht. Noch dazu mit zwei besonderen Anforderungen: Ich soll vorab ein Mini-Video & einige Fotos einreichen und vor Ort im Studio darf mich in der Maske niemand berühren und ich soll mich selbst schminken. Das mache ich doch nie! Wollen die das wirklich dem Moderator und den Zuschauern antun?
Gegen Mittag wurde unser Lauf durch eine riesige Tüte voller Spiel-, Lese- und Bastelideen gebremst. Die Türzarge muss warten, Skip-Bo lernen war uns viel wichtiger!
Im Briefkasten finde ich die Krankschreibung für das erkältete Nicht-Quarantäne-Kind. Immer noch kein Testergebnis für Nele in der Corona-App.
Am späten Nachmittag dann ein Unfall: Die Große fällt 13 Treppenstufen herunter. Autsch! Schuld war nach ihrer Schilderung die rutschige Strumpfhose, barfuß wäre ihr das nicht passiert.
Symptome: Erwiesenermaßen (!) typische Erkältungssymptome, nun bei allen.
Stimmung: Fast durchgängig gute Laune.
Gedanken: Wie wäre es ‚mal zur Abwechslung mit Coronaregeln, die Laien und Fachleute gleichermaßen verstehen können? Dann wären alle vielleicht auch eher bereit, sich daran zu halten!
Gefühle: Erleichterung, dass die Hälfte der Quarantänezeit geschafft ist. Dankbarkeit für den Garten.
Handlungen: Der Zettel „CORONA-QUARANTÄNE“ kam auch bei dem Typen zum Einsatz, der uns als Rollende-Tiefkühlkost-Kunden gewinnen will. Der Zettel wird noch zu meinem besten Freund werden. ob ich ihn wohl bis zum Ende der Pandemie behalte und laminiere?
Entscheidungen: Ich werde nicht zur Denunziantin.
Hilfe: Auch heute stand ganz praktische Hilfe gegen die Langeweile vor der Tür: 31 stabile Klorollen zum Basteln, Skip-Bo, Hexentanz, ein zu meiner aktuellen Schreiberei passendes Buch und ein fantastischer Bienenkalender von 2019, den wir bestimmt noch oft ansehen und gebrauchen können.
Ich sollte mich was schämen, euren Lauf mit Klorollen gebremst zu haben.
Ich kann das aber bestätigen, dass rutschige Stumpfhosen eine böse Falle auf Treppen sind.
Alles gut, Klorollen sind doch für uns – leer und voll – eins der wichtigsten Themen 2020 😉