Wir hatten Freunde davon überzeugt, uns in einen Kletterwald zu begleiten. Das war nicht nur spannend, sondern unerwartet aufregend und das kam so:
Ankunft und Ausstattung
Drei Mütter und fünf Kinder trafen sich also am Fronleichnamstag in Hennef. Schon der Aufstieg vom Parkplatz an der Sportschule ersetzte jedes Aufwärmtraining.
Die zwei anderen Mütter und ihre Söhne waren vorher noch nie in einem Kletterwald, wir haben schon einige Kletterabenteuer hinter uns. Dadurch konnten wir verschiedene Bereiche des Kletterwaldes testen.
An der Kasse bildeten sich lange Schlangen, weil dort ja nicht nur die Tickets, sondern auch der Impf- bzw. Teststatus geprüft wurde. Dann ging alles schneller als erwartet. Weil alle Kinder schon mindestens 6 Jahre alt waren, mussten wir online den Schülertarif buchen. Entsprechend dieser Schülertickets wurden sie auch kommentar- und bedenkenlos mit den Gurtsystemen und Helmen für Schüler ausgestattet.
Einweisung und Probeparcours
Eli und Yvonne waren schon früher angekommen und hatten damit die Einweisung in der Eifel (Einweisungsparcours) schon hinter sich, während wir noch ausgerüstet wurden. Wie schön, so konnten sie unseren Minimäusen in die Gurte helfen, während wir mit unseren eigenen kämpften. Denn die Anleitung war so komplex und wirr, dass selbst die Jugendlichen neben uns nicht mehr weiter wussten.
Das kann ich nicht allein dem Guide anlasten. Dieser war nach der langen Coronapause wohl etwas ungeübt und tat sich schwer beim Erklären und helfen. Aber wir haben auch auf all unseren Kletterwaldrecherchen noch nie ein solch kompliziertes und schwergängiges Sicherungssystem erlebt. Den Sechsjährigen fehlte es bei den ersten Versuchen in Taunus und Hunsrück (Einweisungsparcours) schier an Kraft in den Händen, um mit einer Hand zwei verschiedene Punkte gleichzeitig fest zusammenzudrücken. Nicht schlimm, dazu waren wir ja da und halfen gerne.
Im Hunsrück wurde aber schnell klar, das Cari einfach viel zu klein war. Selbst auf der höchsten Stufe der Hilfsblöcke und auf Zehenspitzen stehend war sie für jedes Sichern und Entsichern zu kurz. Zum Teil mussten wir sie sogar hochheben. Also nahm ich mir mein trauriges Minimäuschen, ging mit ihm zur Gurtausgabe und tauschte das komplizierte Monstrum gegen einen leichten, simplen Gurt für das Takka Tukka Land. Nach einer Mini-Einweisung einer sehr netten Trainerin rauschte sie gut gelaunt davon und durchkletterte den hübsch angelegten Parcours ohne Probleme.
Erzgebirge
Was mag in einem Parcours-Organisator vorgehen, der die Schwierigkeitsgrade und Altersvorgaben für seinen Klettergarten festlegt? Orientiert er sich an echten Anfängern und an echten Sechsjährigen, wenn er einen Parcours ab 6 Jahren frei gibt und „sehr leichte Schwierigkeit“ dazu schreibt? Oder empfindet er als Kletterprofi das Ganze als geradezu langweilig einfach und schreibt deshalb „sehr leichte Schwierigkeit“? Ich vermute letzteres!
Denn die mich begleitenden Menschen (eine durchschnittlich trainierte Mutter, eine sehr sportliche Mutter, ein durchschnittlich trainierter Elfjähriger, eine kletterwalderfahrene Neunjährige, eine kletterwalderfahrene Sechsjährige und ein sportlicher Sechsjähriger) kamen allesamt mit den Worten „puh, war das schwierig“, „nicht zu machen für Sechsjährige“, „und das soll sehr leicht gewesen sein?!“ aus diesem Parcours. Ein Trainer war weit und breit nicht zu sehen, der helfen und ermutigen konnte.
Also überlegten die Großen ratlos, was sie jetzt machen sollen und wir bauten die anderen beiden Sechsjährigen auch auf Takka Tukka-Gurte um.
Takka Tukka Land
Auch wenn die drei Sechsjährigen auch Schülertickets hatten – klüger wäre es gewesen, wenn uns zu Beginn empfohlen worden wäre, die drei Minis ins Takka Tukka Land zu schicken. Ihnen wäre eine unverständliche und lange Einweisung erspart geblieben und sie hätten viel früher gut gelaunt losklettern können. Denn hier im Takka Tukka Land waren sie autark und selbstbewusst unterwegs. Cari hatte ja mit mir schon eine Runde gedreht und konnte nun den anderen beiden genau erklären, was etwas kniffelig war und dass die Seilbahn so lahm ist, dass man einen Freund oder Erwachsenen braucht, um an die andere Seite zu kommen. Diese Erfahrung hätte ich ihnen gerne gleich zu Beginn gewünscht.
Auch der zweite Takka Tukka Parcours war wohl großartig für die Kinder, sie freuten sich über eine Vielzahl an Seilrutschen.
Irrland
Ich glaube ja nicht alles, was mir meine Recherchehelfer sagen, also schnappte ich mir meine Große und wir versuchten einen anderen leichten Parcours mit ihr. Auf meine Frage, welcher denn der leichteste sei, wurden wir zum Irrland geschickt. Das war definitiv KEIN guter Rat.
Denn Borneo (dort waren Eli und Ivonne kurz darauf nach der Empfehlung eines anderen Trainers gelandet) wäre neben dem Erzgebirge ein zweiter Parcours mit „sehr leichter Schwierigkeit“ gewesen und hätte nur 7 Elemente gehabt.
Wir hingegen hatten im Irrland eine „leichte Schwierigkeit“ und 17 Elemente. Schon am dritten Element war meine Skepsis gewichen. Ja, was hier als „leicht“ oder „sehr leicht bezeichnet“ wird, ist deutlich schwieriger als manch ein mittelschwerer Parcours, den wir schon gelaufen sind. Aber die Aussicht ins Tal ist fantastisch. An dieser Stelle mein Dank an die Hitzesommer 2018 – 2020 und den Borkenkäfer!
Mit mir im Rücken kletterte Aurelia konzentriert voran. Sie weiß ja, dass sie durch das Gurtsystem gut gesichert ist und dass ich ihr helfe, wenn sie irgendwo nicht weiter kommt oder zu kurze Arme hat. Sie amüsierte sich über ihre fluchende Mutter bei einem Element, das sie mit Leichtigkeit durchklettert hatte. An einer Weggabelung wählte sie sorgfältig und vorausschauend die weitere Kletterstrecke. Alles lief gut, bis es dunkel wurde.
Trainer
Meine große Tochter hat Angst vor Gewitter. Als die ersten dunklen Wolken aufzogen, war sie starr vor Angst und konnte nicht mehr klettern. Es ging weder vor noch zurück, sie wollte nur noch runter vom Baum. Wir mussten insgesamt siebenmal mit drei verschiedenen Trainern sprechen, die alle immer nur nachfragten ob sie es nicht doch noch weiter versuchen wolle, ohne konkrete Hilfe anzubieten.
Das empfinde ich als hochgradig unprofessionell und kenne es anders. In anderen Kletterwäldern kommt ein Trainer beim ersten (!) Hilferuf. Dieser bietet dann konkrete Hilfe an. Vielleicht erklärt er dem Kind, welche Körperteile in welcher Reihenfolge an welche Stelle des Elements gebracht werden müssen. Vielleicht erklärt er der Mutter, wie sie dem Kind helfen kann. Vielleicht hört er aber einfach nur zu und versteht, dass das Problem gar nicht in der Schwierigkeit des Parcours, sondern im sich zusammenbrauenden Gewitter liegt.
Notfallpläne
Ungeschützt standen wir im pladdernden Regen und sahen zu, wie die Trainer alle anderen Besucher aufforderten, die Parcours zu verlassen und an der nahen Turnhalle Schutz zu suchen. Um uns kümmerte sich niemand. Wie gut, dass die Zwillinge bei Stephie, Ivonne und den Jungs in Sicherheit waren und bodengebunden auf uns aufmerksam machten.
Eine Trainerin kam an der übernächsten Plattform zu uns herauf und hatte dabei einige Schwierigkeiten. Lag das letzte Rettungstraining zu lang zurück? Klemmte das Material? Jedenfalls benötigte sie einige Anläufe mit ihrem Steiggurt, bis sie nicht wieder abrutschte. Aurelia abzuseilen ging dann ganz schnell. Ich wurde ernsthaft gefragt, ob ich den Parcours noch beenden will. Eine eindeutige Anweisung von unten kam dann aber meiner Antwort zuvor.
Ich war zwar nicht starr vor Schreck und hätte es ins Ziel geschafft, wenn nötig. Aber klatschnass, ausgekühlt und ungeschützt durch ein Gewitter von einem Holzpfosten zum nächsten zu klettern, während meine Töchter mich in Gedanken schon als Grillhähnchen sehen? Nein, danke!
Wir waren beide froh, als wir wieder festen Boden unter den Füßen hatten und dankbar für unsere Rettung. Doch das hätte schneller und unkomplizierter laufen können. Nun hat das Kind nicht nur Angst vor Gewitter, sondern auch vor dem Hennefer Kletterwald (zum Glück nur vor diesem und nicht vor allen).
Kommunikation
Die beiden anderen Mütter waren ziemlich irritiert darüber, dass man sie dazu zwingen wollte, den Kletterwald zu verlassen, bevor wir vom Baum gepflückt worden waren. Eine Begründung gab es dafür nicht. Auch dass die Kletterer in dem Gewitter zur Turnhalle geschickt wurden, ohne ihnen zu sagen, was dann passiert, kam bei vielen Besuchern nicht gut an. Kann danach auf dem nassen Holz weiter geklettert werden? Oder nimmt man nur noch seine Sachen aus dem Schließfach und geht nach Hause. An diesem Punkt könnte etwas an der Kommunikation gearbeitet werden.
Wir waren triefnass und ausgekühlt, für heute hatten wir genug Waldabenteuer erlebt. Also beendeten wir unser Kletterabenteuer. Wir waren zu diesem Zeitpunkt schon eine gute Stunde geklettert und erfuhren von anderen Kletterern, dass sie beim letzten Gewitter einen Gutschein für ein Wiederholungsklettern erhalten hatten. Auf Nachfrage an der Kasse erfuhren wir aber, dass eine Rückerstattung nur möglich sei, wenn man beim Abbruch weniger als eine Stunde geklettert sei. Das hätte ebenfalls schon an der Turnhalle kommuniziert werden können.
„Ja“, werdet ihr sagen, „habt ihr nicht in den Wetterbericht geschaut?“ – Doch, hatten wir. Aber erstens kreuzte diese uninformierte Gewitterwolke kreuzte zwei Stunden unseren Weg und zweitens geht es mir an diesem Punkt nicht um die Erstattungsregeln für natürliche Wetterereignisse, sondern um dem Kunden zugewandte Kommunikation und transparente Regeln (allenfalls um Kulanz).
Infos:
Der Kletterwald Freiraum Erlebnis* liegt im Wald oberhalb der Sportschule Hennef. Der Betreiber hat weitere Standorte in Sayn (Westerwald), Mayen (Eifel) und im Schwerter Wald bei Dortmund.
3 Stunden Klettern kosten für Erwachsene 22 € und für Schüler 17 €. Das Takka Tukka Land hätte nur 8 € gekostet.
Beim Herausgehen kann man sich einen Einweisungsnachweis aushändigen lassen, mit dem man sich bei einem Wiederholungsbesuch drei Monate lang die Einweisung sparen kann.
*Werbung? Ja, durch Nennung und Beschreibung des Ausflugsziels. Meine Töchter und ich durften im Rahmen der Recherche kostenlos klettern, die beiden anderen Familien haben die vollen Preise bezahlt.
Klettern im Gewitter wäre für mich auch nichts. Viel zu gefährlich. Ich habe auch schon im Gewitter mit dem Kajak das Ufer angesteuert während die Tourguidin einfach weiter paddelte. Die anderen machten es mir nach. Das Personal bei solchen Abenteuern ist oft nicht geschult und arbeitet für ein Taschengeld.
Das muss ja der Horror für die Kleine gewesen sein. So ein unprofessionelles Verhalten!