Letzte Woche am späten Mittwochabend sind wir zurückgekommen, seit Donnerstagmorgen – also schon mehr als eine Woche – plagt uns das Fernweh nach Oman. Wir erlebten eine wunderschöne, aber leider viel zu kurze Rundreise durch den Oman, von der ich euch gerne berichten möchte.
Unsere Freundin Rebi teilte im Sommer großartige Fotos von einer Rundreise durch Thailand in ihrem Status. Jeder Tag war voller Aktivitäten, Besichtigungen und Erlebnisse. Ich MUSSTE einfach nachfragen, ob sie das alles selbst organisiert hatte. Nein, das wäre viel zu viel Aufwand gewesen, sie hatte bei dem Reiseveranstalter For Family Reisen* gebucht. Das machte mich neugierig.
Ausgangspunkt: Ein sechs Jahre altes Wüsten-Versprechen
Hinzu kam ein Versprechen, das ich noch einlösen musste, weil meine Tochter ein besseres Gedächtnis hat, als eine ganze Elefantenherde: Als Nele vier Jahre alt war, sah sie meinen Landy auf einem Foto in der tunesischen Sahara:

„Da will ich auch hin!“, rief sie. „Wüüüüüüste!“ Ich erklärte ihr, dass mir eine Reise in die Wüste mit zwei Vierjährigen und einer Siebenjährigen zu gefährlich sei, weil sie die Sahara für den größten Sandkasten der Welt halten könnten und beim Spielen im Sand auf Skorpione und Schlangen treffen könnten. „Wenn ihr 10 Jahre alt seid, fahre ich mit euch in die Wüste!“, versprach ich. Danach sprachen wir nicht mehr von diesem Thema, vergessen war es aber wohl nicht. Denn Nele wachte dieses Jahr an ihrem Geburtstag auf und fragte mich: „Und? Wann fahren wir jetzt in die Wüste?“ Okay, das war ihr also wirklich wichtig, also war es keine Frage, dass ich mein Versprechen hielt.
Eine Individualreise mit drei Kindern in die Wüste traute ich mir nicht zu, also sah ich mich nach Gruppenreisen um. Rebis Reiseerfahrungen kamen also goldrichtig und ich sah mich auf der Seite von For Family Reisen nach Touren mit Wüste um. Jordanien und Ägypten waren mir zu nah an der Krisenregion Israel & Palästina, einige andere Ziele passten nicht zu meinem Budget oder waren mit zu langen Flugzeiten verbunden, am Ende blieben Marokko und Oman übrig – der Exotik-Faktor ließ mich den Oman auswählen.
Überwiegend entspannte Anreise in den Oman
Wir waren so aufgeregt, dass wir viel zu früh mit der Linie 18 zum Kölner Hauptbahnhof fuhren und dort noch eine Stunde auf unsere ICE warten mussten. Dank neuer Preispolitik der DB* (Abschaffung der Familienreservierungen) fuhren wir 1. Klasse, denn das Upgrade inkl. Sitzplatzreservierung war günstiger als die reine Reservierung in der 2. Klasse. Unser von Brüssel kommender ICE hatte einen Personenunfall, doch ein Ersatz-ICE wurde in Köln neu eingesetzt. Ohne Personal, aber das brauchten wir auch nicht bei weniger als einer Stunde Fahrt.



Kleine Schrecksekunde beim Sicherheitscheck: Caris Kartenspiel wurde für Sprengstoff gehalten und die gewissenhaften Sicherheitsbeamten führten bei jeder einzelnen Karte einen Drogen- und Sprengstoff-Scan durch. Unser Nacht-Direktflug mit Oman Air* verlief ohne Probleme, das Boden- und Bordpersonal war hilfsbereit und freundlich, das Essen an Bord köstlich, die Auswahl an Filmen, Musik und Spielen üppig.






Die Einreise in den Oman war schnell und unkompliziert, bei Aufenthalten unter zwei Wochen gibt es ein Visum on Arrival. Dafür mussten wir einzeln zu den Einreisebeamten, die hochgradig genervt und mürrisch waren, weil der Muezzin schon gerufen hatte, aber noch Leute in der Warteschlange standen. An solchen Situationen wachsen wir alle: Ich musste mein Bedürfnis unterdrücken, zu meinen Kindern zu eilen und sie zu beschützen. Aurelia wagte nicht einmal, den Grenzer mit ihrem (der Pubertät geschuldeten) „Waaaaaas?!“-Gesicht anzusehen. Nele lächelte tapfer, und Cari flüsterte später stolz: „Mama, ich habe innen ganz doll gezittert und geweint, aber das konnte er außen nicht sehen. Ausgetrickst, ha ha!“ Gut gemacht!!!
Beim Flug war Aurelias Koffer beschädigt worden, ein Rad war abgebrochen. Egal, der Koffer war schon alt, musste also ab sofort mit drei Rädern auskommen. Draußen wurden wir freundlich begrüßt, lernten zwei andere Familien kennen und wurden in ein Crown Plaza* gebracht. Jede Familie erhielt ein Zimmer, obwohl die anderen beiden keinen Early Check-In gebucht hatten. Das erschien dem Rezeptionisten wohl gerechter, als uns die beiden reservierten (und bezahlten) Zimmer zu überlassen. An Schlaf war nicht zu denken, zu viert auf zwei Betten geht das nicht. Hundemüde wollten wir uns mit der Umgebung vertraut machen, aber außer einem anderen Hotel, der großen Messehalle und vielen Baustellen gab es nichts in Hotelnähe zu sehen. Inzwischen war Frühstückszeit und wir futterten uns durch das üppige Büffet mit vielen warmen Gerichten aus aller Welt.




Der Rest des Tages lässt sich mit einem Wort zusammenfassen: Pool! Erst schwammen und tobten wir, dann dösten wir auf den Poolliegen, immer im Wechsel – bis wir gegen 16:30 Uhr endlich die beiden gebuchten Zimmer beziehen konnten.
Muscat: Abenteuer auf See und Sightseeing in der neuen Hauptstadt
Aurelias Geburtstag. Eine kleine, improvisierte Geburtstagsfeier mit Mini-Kerzen, die ich mir im Frühstückssaal geschnorrt hatte. Nach dem Frühstück starteten wir ins Programm: Mit dem Speedboat ging es von der Marina Bandar Al Rowdha hinaus aufs offene Meer, um Delfine zu beobachten. In der zerklüfteten Bucht Bandar Al Khayran sprangen wir vom Boot ins Wasser, um zu einem kleinen Riff zu schwimmen und beim Schnorcheln Meeresschildkröten und exotische Fische beobachten zu können. Aurelias Highlight: Paletten-Doktorfische wie Dori aus „Findet Nemo!“ (Notiz an mich: Nächstes Mal mit Kontaktlinsen! Denn ohne Brille sehe ich nichts und mit Brille ist die Maske nicht dicht!)


In einer benachbarten Bucht erwarteten uns schon drei Omani, die am Strand ein Zelt mit Teppichen, Sitzkissen und niedrigen Tischen aufgebaut hatten. Hinter dem Zelt grillten sie Hähnchen und Kamelspieße, was uns zu fettig war, übernahm eine Wildkatze, die hinter einem Fels schon auf diese Leckereien wartete. Nach dem Essenn blieb genug Zeit zum Chillen, Kaffeetrinken, Schwimmen und Schnorcheln, bevor es zurück zur Marina ging. Dabei durften alle Kinder selbst einmal das Boot lenken.
Am späten Nachmittag zeigte uns Mustafa die architektonischen Highlights von Muskat. Ich mag das Opernhaus, die Kinder waren mehr beeindruckt von dem blau-weiß-goldenen Sultanspalast. Auf dem Weg zurück zum Hotel gab es noch einen Halt an der Hafenpromenade, um den Mutrah-Souk. Wer’s mag, kann hier mit den Händlern um Gewürze, Düfte, Weihrauch, Tücher, Deko, Andenken und ganz, ganz viel billigen China-Tinnef feilschen. Für uns war es nicht das Richtige: Cari und Aurelia fühlten sich von den aufdringlichen Händlern (optisch eher Ostasiaten/Inder als Omani) belästigt und hatten Fluchttendenzen. Erst ein ruhiger omanischer Gewürzhändler rettete die Szene: Er lud uns in seinen kleinen Laden ein, wir durften ohne Belästigung ansehen, anfassen, riechen und probieren.



Die Große Moschee, wie die Sultan Qaboos Grand Moschee von Muskat von den Einheimischen genannt wird, ist einer der prächtigsten Sakralbauten, die ich je gesehen habe. Die fünf Minarette mahnen an die fünf Pfeiler des Islam, alle Zahlen und Maße sind Superlative, z.B. finden in der großen Gebetshalle 6600 Gläubige Platz. Beim Anblick des riesigen Kronleuchters aus Swarovsky Kristallen, den edlen persischen Teppichen und den Wänden aus feinstem Carrara-Marmor waren wir geradezu überwältigt. Wir hatten uns alle korrekt gekleidet und die Schuhe in den Regalen am Eingang abgestellt, so durften wir jeden Bereich der Moschee betreten, sogar die Räume für die religiösen Waschungen und die Bibliothek.




Oase Birkat al Mouz und das UNESCO-Bewässerungssystem
Auf dem Weg nach Nizwa machten wir Halt in der Oase Birkat al Mouz. Dieser Name lässt eher auf Bananen schließen, wir sahen auch einige wenige Bananenstauden, doch vorwiegend werden dort Datteln angebaut. Dort zeigte uns ein Arbeiter, wie er barfuß eine Dattelpalme hinauf klettert – leider durften die Kinder es nicht selbst ausprobieren, so sehr sie es sich auch wünschten. Im Anschluss gab es eine neue Variante des inzwischen lieb gewonnenen Standardgerichts Huhn & Reis. Beim Dessert konnten die Datteln punkten – obschon ebenfalls getrocknet, waren sie viel aromatischer als alle, die wir in Deutschland kaufen können. Dazu genossen die Erwachsenen den typischen omanischen Kaffee, der relativ dünn ist und mit Kardamom gewürzt wird.


Wir erfuhren, dass es seit über einem Jahr landesweit nicht mehr geregnet hatte. Dennoch gab es keinen Wassermangel. Die Omani setzen auf verschiedene Systeme: An der Küste stehen große und effiziente Meerwasserentsalzungsanlagen, im Landesinneren wird das Brunnenwasser durch ein ausgeklügeltes Bewässerungssystem zu jedem Verbraucher transportiert. Die Aflaay (gesprochen Afladsch), so wird das Bewässerungssystem im Oman genannt, besteht aus tausenden Kanäle, die das Land durchziehen – vorwiegend oberirdisch, aber auch durch kleinere Tunnel und über Aquädukte, ohne Hebeanlagen oder Pumpen, einfach als reine Gefälleleitungen. Uns Rheinländern kommt das ganz vertraut vor, denn die Römische Wasserleitung von Nettersheim nach Köln basierte ja auf demselben System. Allerdings haben wir nicht so viele Namen, die Omani unterscheiden bei den Aflaay (1) die Aini (direkt von einer Quelle gespeist), (2) die Ghaili (erhalten ihr Wasser aus einem Wadi) und die Iddi (Grundwasser aus einem Brunnen).

Dieses Bewässerungssystem wurde uns später auch im erst 2023 fertiggestellten Museum Oman Across Ages sehr praxisnah vorgestellt. Wir sind ja wirklich museumserprobt, aber ich muss sehr lange überlegen, bis mir ein solch eindrucksvolles Museum einfällt, das bei der Architektur und der interaktiven Vorstellung der Themen und Ausstellungsstücke mithalten kann. An vielen Mitmachstationen bauten wir Dattelpalmen an, wohnten in einfachen Flechtwerkhütten und verteidigten eine Festung, indem wir die Angreifer mit heißem Dattelsirup übergossen. Und am Ende gab es Slush in lila und blau.








Nizwa: Alte Hauptstadt & buntes Markttreiben
Trotz dieser vielen Erlebnisse kamen wir so früh im Falaj Daris Hotel in Nizwa an, dass wir vor dem Abendessen noch am (und im) Pool entspannen konnten. Das Wasser war grünlich und roch unangenehm, aber die Kinder wollten sich trotzdem darin abkühlen und miteinander toben. Also wurden sie nach dem Bad gründlich geduscht und nahmen das leichte Jucken der Kopfhaut und des ganzen Körpers lässig hin.
Der nächste Tag war vollgesteckt mit Kultur: Wir starteten früh, um das lebhafte Treiben auf dem Viehmarkt zu beobachten. Die Anpreisungen der Verkäufer, das Gefeilsche und die muhenden, blökenden und meckernden Kühe, Schafe und Ziegen ängstigten Cari. Sofort war unser Guide Mustafa zur Stelle und nahm sie mit zum äußersten Rand des Marktes. Im Anschluss schlenderten wir über die anderen Märkte und begegneten vielen Einheimischen in Festtagskleidung, denn am freien Freitag geht die ganze Familie auf Einkaufsbummel. Wir probierten (und kauften) Datteln, Halwa, Datteldirup, Kokosnüsse, frisch gepressten Zuckerrohrsaft, getrocknete Grapefruit, Ingwer, Mango und Kiwi. Halwa ist nicht etwa ein Wikinger-Vorname, sondern die nationale Süßspeise: zuckersüß und klebrig, mit Safran, Kardamom und Rosenwasser abgeschmeckt, manchmal auch mit Nüssen, Mandeln und Trockenfrüchten. Sogar ein Päckchen Weihrauch wanderte in unsere Einkaufstüte – und natürlich noch eine Portion der essbaren Steine aus Kamelmilchschokolade. Auch Lavendel- und Weihrauchwasser haben wir gekauft – doch bisher fehlte uns der Mut, es auch zu trinken.








Nach dem Einkaufsbummel (alle vier Familien kamen zu spät zum Treffpunkt, weil die Märkte uns so faszinierten) besichtigten wir die Festung von Nizwa, das meistbesuchte Denkmal im Oman. Meine drei Mädchen ließen sich Henna-Tattoos malen, die auf der Fahrt zum Jabreen Castle trockneten. Im Café des festungsähnlich ausgebauten Schlosses konnten wir sogar mit QR-Codebestellen und am Eingang USB-Sticks in Form von Schiffen und arabischen Türen kaufen. Was für ein Kontrast! Letzter Stop war die Festung von Bahla, die ebenfalls zum UNESCO-Welterbe gehört. Sie ist aktuell nur von außen anzusehen – schade für uns Erwachsene, aber gut für die Kinder, denen vor dem Abendessen wieder genug Zeit am Pool blieb.













Al Hamra: Tor zur Bergwelt
Die Stadt Al Hamra mit den alten Häusern aus Lehm ist ein echter Kontrapunkt zu den modernen Bauten in Muskat und Nizwa. Der rötliche Farbton des Lehms ist Namensgeber, den Ahmar steht für Rot. Im Wohnhaus des letzten Imam von Al Hamra ist ein Wohn- und Kulturmuseum untergebracht. Bei der kurzweiligen Führung durch das liebevoll eingerichtete Museum erfuhren wir, wie Dattelsirup aus getrockneten Datteln gewonnen wird. Spannend: er dient nur etwa zwei Jahre als Lebensmittel und wird danach dann zum Anstreichen genutzt. Ein Mädchen leitete unsere Kinder an einer Getreidemühle an, einige Frauen zeigten uns das Mahlen von Kaffee und die Herstellung einer Sandelholzpaste, die vor Sonne schützt. Sie kleideten uns in typisch omanische Tunikas und Tücher, zum Abschluss gab es Omani-Kaffee und Datteln für alle.







Nun stiegen wir um in Geländewagen. Unser Fahrer sprach gut Englisch und erklärte uns vieles. Einige seiner Erzählungen mussten wir allerdings als Geschichte aus 1001 Nacht abspeichern, denn sie hielten einem Realitätscheck nicht stand, z.B. glaube ich ihm gerne, dass seine Eltern in den Lehmhütten von Riwaygh gelebt haben, ohne Wasser und Strom. Doch bestimmt nicht bis 2024, denn schon in den Reiseführern von 2011 und 2017 ist von „unbewohntem Ruinendorf“ bzw. „Geisterdorf“ die Rede. Auch Mustafa betonte, dass dort mindestens seit zehn Jahren niemand wohnt – so lange macht er die Touren nämlich schon.

Im Hajar Gebirge: Grand Canyon und Balcony Walk
Der Höchste Berg im Hajar Gebirge (Hadschar gesprochen) ist der Jebel Shams mit 3009 m ü.NN. Unser Hotel war nur über eine Schotterpiste erreichbar, das wird sich aber bald ändern, denn wir sahen auf der gesamten Strecke viele fleißige Straußenbautrupps. Der Wadi Nakhur am Fuß des Jebel Shams wird auch als omanischer Grand Canyon bezeichnet. Zunächst sahen wir ihn von einem Aussichtspunkt an, nach dem Mittagessen im Hotel wanderten wir am westlichen Steilhang des Canyons auf 1500-1800 m Höhe über den Balcony Walk bis zum verlassenen Dorf Sap Bani Khamis. Die halb in Felshöhlen gebauten Häuser schmiegen sich unter einem Überhang an den Fels, seine Terrassenfelder ernährten bis in die 1970er Jahre etwa 15 Familien. Wir konnten sogar noch erkennen, wo früher die Moschee war und fanden einen funktionsfähigen kleinen Mühlstein. Höhenangst darf man bei dieser Tour nicht haben, denn an manchen Stellen geht es direkt neben dem Weg 500 – 700 m senkrecht in die Tiefe. Das war Aurelia schon bei dem Aussichtspunkt klar geworden, also blieb sie entspannt im Hotel.











Den Sonnenuntergang und das Abendessen genossen wir dann wieder gemeinsam. Aurelia war traurig, weil in diesem Hotel der Geburtstag eines anderen Kindes mit Gesang und Hotel-Kuchen gefeiert wurde, während sie drei Tage vorher keine Gratulation vom Hotel erhalten hatte. Wir entfernten uns von der Gruppe, setzten uns hinter unsere Hütte und genossen den Blick auf einen Sternenhimmel, wie ihn die Kinder noch nie gesehen hatten. Ohne die Lichtverschmutzung dicht besiedelter Gegenden trauen sich viel mehr Sterne zu glitzern und blinken.
Die Wüste Rimal Al Wahiba- der Grund für unsere Omanreise
Mit den Geländewagen fuhren wir zurück ins Tal und stiegen zurück in den Tourbus. Der nächste Halt war im Programm angekündigt mit: „Unterwegs machen wir noch einen Stopp und lernen einen omanischen Farmer und das Leben auf dem Land kennen. Der Farmer zeigt uns das Gelände und seine Tiere. Mit etwas Glück können wir junge Ziegen oder Schafe streicheln.“ Ja, wir lernten einen Omani und seinen Gastarbeiter aus Bangladesch kennen, aber die Ziegen flüchteten vor den Kindern in den Stall, Schafe gab es keine und die Kuh durfte nicht berührt werden. Der Hof war so groß wie ein typisch omanisches Wohngrundstück und wir bekamen jeden Baum einzeln vorgestellt – das ging schnell, denn es gab weniger als ein Dutzend davon. Einhellige Meinung im Bus: Gut zum Füße vertreten, aber nicht sehr spannend.
Bis zum Abendessen im Camp wollten wir nirgendwo einkehren, also machten es Said und Mustafa möglich, dass wir in einem Lulu Hypermarket einen echten Kulturschock bekamen. Ein Supermoderner Supermarkt, wie wir ihn nicht einmal aus Frankreich oder den Britischen Inseln kennen – allein die Fleisch-, Snack- und Brottheke war länger als jeder handelsübliche Aldi*. Wir deckten uns mit belegten Broten, Obst, Croissants, Nüssen und Naschzeug ein und erreichten schon bald Bidiya, wo erneut Geländefahrzeuge auf uns warteten.

Da Cari im Gebirge übel geworden war, saß sie nun auf dem Beifahrersitz. Immer wenn unser Fahrer von der Sandpiste abweichen wollte und „Dunes?“ fragte, rief sie schneller „Yes!“, als Aurelia „No!!!“ sagen konnte. Also ergab sich die große mit einem „It’s gonna be a bumpy ride…“ in ihr Schicksal. Ganze 40 Kilometer ging die Fahrt zwischen den von den Winden streng in eine Nord-Süd-Richtung gepusteten Dünenreihen. Unterwegs wurde kurz gestoppt, um Dromedare zu fotografieren. Die Kinder konnten sofort verstehen, warum es mich immer wieder in die Wüste zieht. Im Wüstencamp wurden wir mit gekühltem Lemon-Mint begrüßt, das ist ein typisch omanisches Getränk, sehr erfrischend. Dazu gibt es für jeden Gast einen nassen Waschlappen aus dem Kühlschrank – was für ein großartiger Service.







Eine halbe Stunde vor dem Sonnenuntergang startete unsere Karawane. Das war ein Kompensationsgeschäft: Die Kinder wollten auf Kamelen reiten und ich wollte Quad fahren, also buchten wir beides. All die Jahre hatte ich mich in Tunesien davor drücken können, jetzt saß ich auf dem Hinterteil eines Dromedars und hielt mich mit aller Kraft an dem Griff fest, der um seinen Höcker geschnallt worden war. Genau rechtzeitig erreichten wir den Dünenkamm, rannten die letzten Meter und konnten noch die obligatorischen Sonnenuntergangsfotos machen. Wunderschön, wie gut, dass ich mich bequatschen lassen hatte. Den Abend verbrachten wir mit Abendessen, Pool, Sternegucken, Spielplatz und Lagerfeuer.




Am nächsten Morgen blieb zwischen dem Frühstück und der Abfahrt noch etwas Zeit für ein weiteres Wüstenabenteuer: wir fuhren Quad im Wüstensand! Nele zuerst auf dem Kinderquad ganz vorsichtig und dann mit zunehmendem Verständnis für Gas, Bremse und Lenkung immer schneller. Cari fuhr dann eher wie Quax, der Bruchpilot – Vollgas in die Dünen, sodass unser Guide sie mehrfach ausgraben musste. Aurelia wollte selbst nicht fahren, sondern lieber als meine Sozia filmen. Auch gut, Hauptsache war doch, dass wir alle Spaß hatten. Und wenn ich nochmal die Gelegenheit habe, werde ich eine längere Fahrt unternehmen, im Fahrtwind kamen viele schöne Motorraderinnerungen hoch.






Zurück an die Küste: Schiffbau, Pool, Meer und Schildkröten
Said brachte uns nach der Rückkehr aus der Wüste in die Hafenstadt Sur, wo wir eine Dhau-Werft erkundeten, in der immer noch traditionelle Holzboote gebaut werden. Baupläne gibt es nicht, alles ist abhängig von der Ingenieurskunst des Vorarbeiters, der die geschickten indischen Tischler anleitet. Auf dieser Werft gibt es wohl oft europäische Besucher, vor den Toiletten gab es sogar Toilettenpapier – eine Rolle für alle stillen Örtchen.






Im Hotel blieb viel Zeit für den Pool, den Strand, das Meer und den Basketballkorb. Nach dem Abendessen fuhren wir zum Naturschutzgebiet am Schildkrötenstrand in Raz-al-Jinz. Wir hatten das Glück, ein frisch geschlüpftes Schildkrötenbaby in das von Leuchtalgen bläulich-weiß glitzernde Wasser trippeln zu sehen und einer etwa 50 Jahre alten Schildkröte nach der Eiablage beim Graben zusehen zu können. Sooooo süß! Leider entdeckte Cari im Strahl ihrer Rotlichtlampe dann aber auch eine kleine Schildkröte, die es nicht geschafft hatte. Sie lag da ohne Kopf, der Natureguide erklärte anhand der weiteren Spuren, dass ihr wohl ein Krebs den Kopf abgebissen haben musste.




Wadi Shab: Mein Once-in-a-lifetime-Moment
Wadis kenne ich aus Tunesien: ein (meist) ausgetrocknetes Flussbett, das sich eine Schlucht durch das umliegende Gestein gespült hat. Nicht sehr spannend, und darin campen durften wir auch nicht wegen der Gefahr einer plötzlichen Flutung, wenn es 100 km weiter heftig regnete. Nach dieser Reise habe ich ein ganz anderes Bild vor Augen, wenn jemand von einem Wadi spricht. Ich werde an das Wadi Shab denken! An der Küstenstraße brachte uns ein kleines Motorboot auf die andere Seite der Schlucht. Wir wanderten im Schatten von Palmen und Mangobäumen durch sorgsam gepflegte Gärten und begegneten mehreren Eseln, die dort das saftige Gras zupften. Nach etwa 20 Minuten erreichten wir einen tiefen Naturbecken mit türkisfarbenem Wasser, wo Christel und Aurelia ihre Wanderung für beendet erklärten. Wir anderen wanderten über schmale Felspfade und über mächtige Geröllfelder durch den tiefen Canyon, immer begleitet von dem Bewässerungskanälen, die alle umliegenden Gärten und Dörfer mit Wasser versorgen, obwohl es hier schon ein ganzes Jahr nicht mehr geregnet hat. Der Pfad endete an einem weiteren natürlichen Wasserbecken. Cari genügte es, von oben zuzusehen, doch Nele sprang sofort ins Wasser und überredete mich, bis zum Ende des natürlichen Pools zu schwimmen, über eine kleine Passage mit Felsen und Kieseln zu tippeln (hätte ich doch meine Sandalen angelassen!) und in den nächsten Pool zu hüpfen. An dessen Ende wartete ein echtes Abenteuer auf uns: der Canyon verengt sich dort an der Wasseroberfläche so sehr, dass gerade so der Kopf hindurch passt und wir nicht richtig schwimmen konnten, weil eine Schulter vorne und eine hinten sein muss. Gar kein Problem für meine mutige Nele, also schwimm-hangelten wir uns durch diesen Spalt zu einer unterirdischen Höhle. Wow! Zum Glück erwartete sie aber nicht von mir, dass ich dort aus 3 Metern Höhe in den unterirdischen Pool sprang, wie es einige Halbstarke machten.
Ein amüsantes Detail: In dem zweiten Becken wohnen Knabberfische. Wann immer ich eine Schwimmpause machte, um Nele beim Felsspringen zuzusehen, kamen die Fische angeschwommen und feierten die Hornhaut an meinem linken dicken Zeh – guten Appetit!
Was mich am meisten wunderte: Sehr viele Ausflügler waren mit Schwimmwesten unterwegs, konnten also offenbar nicht oder nicht gut schwimmen. Dennoch versuchten sie sogar, bis in die Höhle zu kommen, was aber durch den Auftrieb der Westen nicht gelang. Ein Niederländer konnte es mir erklären: all diese Leute hatten wasserfeste Kameras oder Handyhüllen dabei und wollten von diesem großartigen Wadi Selfies machen…






Hungrig kehrten wir zum Bus zurück und genossen das letzte gemeinsame Essen mit Mustafa und Said in einem nahegelegenen Hotel. Den Abschluss bildete Hawiyyat Nadschm, auch Bimmah Sinkhole genannt, das sich in einem Park wie aus dem Nichts auftut. Der arabische Name bedeutet Sternschnuppe und es wird gesagt, dass es bei einem Meteoriteneinschlag entstanden sei, andere behaupten sogar, es sei durch den Einschlag eines Stückes vom Mond entstanden. Eine örtliche Legende erzählt, dort sei das Haus der Dämonen, weshalb es auch Bait al Afreet genannt wird. Fakt ist wohl eher, dass dies eine Höhle war, die eingestürzt ist. Das Höhlensystem ist unter der Wasserlinie mit dem Meer verbunden und erfahren Höhlentaucher können in 60 m Tiefe tatsächlich bis zum Meer tauchen. Die Legende war für die Reisegruppe spannender als das Loch selbst – wir alle waren müde und konnten nichts neues mehr aufnehmen.

Die letzte Nacht verbrachten wir im Crown Plaza* Muskat, direkt am Meer. Alle Kinder tobten nochmal gemeinsam in den beiden Pools, der Strand erinnerte eher an das Wattenmeer vor Borkum und konnte die Kinder nicht locken. Nach einem letzten Sonnenuntergang verbrachten wir den Abend im italienischen Restaurant des Hotels – ein Zugeständnis an die Kinder, die während der Rundreise oft genug Huhn mit Reis aßen. Nun war ich endlich auch bereit, mich von meinen kürzlich ;o) bei meiner Kanadareise (1998) gekauften Teva*-Sandalen zu trennen, die inzwischen eine ziemlich große Klappe bekommen hatten. Beim Frühstück dann die absolute Überforderung: Jede Sorte Frühstück, europäisch, britisch, indisch, omanisch, mit Pfannkuchen, Reisgerichten, Birchermüsli und den exotischen Früchten bis hin zu frischen Litschis (sind die kuschelig, nicht kaputt machen, Mama!“ und Mangostanen! Was für ein Finale, noch dazu die Überraschung, dass uns Said auch zum Flughafen brachte. Vielen Dank, du Guter, Shukran!







Fazit: Eine traumhafte Reise mit gut durchdachtem Programm
Oman ist ein großartiges Reiseland für Familien – ruhig, sicher und doch voller Abenteuer. Die Hauptstadt Muskat kommt ohne die Giga-Bauprojekte aus, die Dubai, Abu Dhabi und Doha prägen – sogar ohne die dort üblichen Staus und Hupkonzerte. In den letzten fünf Jahrzehnten wandelten zwei volksnahe Sultane es von einem ruckständigen Wüstenstreifen zu einem modernen Staat um, in dem sich Touristen – auch wir allein reisende Touristinnen – stets wohl und sicher fühlen konnten. Kriminalität ist kein Thema, Gesundheitswesen und Verkehrsinfrastruktur sind mit europäischen Ländern vergleichbar.
Der Reiseverlauf der Familienreise „Oman for family“ ist sehr gut auf die Bedürfnisse von Familien ausgerichtet. Bei nur 1 oder 2 Nächten pro Ort kann es nie langweilig werden, die Transfers sind angenehm kurz (nie mehr als 1,5 Stunden am Stück) und das Programm bietet eine abwechslungsreiche Mischung aus Abenteuer & Erholung, Kultur & Natur, Tradition & Moderne.
Die Omanis und die vielen – vorwiegend indischen – Gastarbeiter (49 %) sind zurückhaltend, aber sehr gastfreundlich und hilfsbereit. Kinder wurden stets mit einem Lächeln begrüßt, von älteren Männern mitunter sogar gesegnet. Nach dem Lesen des Programms und der Grundideen hinter For Family Reisen, in denen interkulturelle Begegnungen mehrfach erwähnt werden, hätte ich mir intensivere Begegnungen mit den Einheimischen gewünscht. Aber sicherlich gar es Gründe dafür. Nicht in jedem Land ergibt sich die Möglichkeit, mit den Menschen vor Ort gemeinsam zu kochen, Fußball zu spielen oder zu lernen. Die Kinder wussten nichts von diesem Anspruch des Reiseveranstalters und haben nichts vermisst.
Wer bereit ist, sich an die Kleiderregeln zu halten, wird keine Blicke auf sich ziehen. Genau so, wie hier in Köln der Domschweizer halbnackten Touristen den Zutritt zur Kathedrale verwehrt, so wird von Männern und Frauen erwartet, in staatlichen Museen die Schultern und Knie zu bedecken und in der Großen Moschee lange Ärmel, lange Hosen und Kopftuch zu tragen. Im Meer konnten wir problemlos im Badeanzug schwimmen und in den Hotelpools wurde sogar bei Bikinis nichts gesagt.
Von uns eine klare Reiseempfehlung. Wir werden in jedem Fall in absehbarer Zeit noch einmal wiederkommen.



*Ich nenne diese Firmen- und Markennamen, ohne dafür eine Gegenleistung zu erhalten.
Ein wundervoller Reisebericht mit wundervollen Bildern aber er kann sicherlich nicht mit euren wundervollen Erinnerungen Schritt halten.
Wir haben ja auch öfter mal organisierte oder halb organisierte Reisen gemacht, immer dort wo es anders zu aufwändig oder teilweise unmöglich war. China war eine echte Gruppenreise, Tansania war eine vorgeplante Safari mit Fahrer und Koch, Ägypten hatten wir vor Ort eine Reiseleitung und einzelne geführte Ausflüge.
Wie du beschrieben hast ist es wichtig den richtigen Reiseanbieter für die richtige Reise zu bekommen. Gute Empfehlungen sind dann natürlich wichtig.
Schön wieder von Euch zu hören. Und dann noch mit einem ganzen Reisebericht.
„For family“ sagte mir irgend was. Stimmt. Als ich das erste mal in Costa Rica war, war es eine Gruppenreise von Travel-To-Nature. Die bieten auch Costa Rica for Family und damals lief eine „for Family“ Gruppe parallel zu unserer. Ab und zu sind wir uns in der Unterkunft begegnet aber ansonsten hatten die ein etwas kinderfreundlicheres Programm.
Mal beim Rainer Stoll, Travel to Nature und Birding Tours, auf der Seite geschaut: Ja, Oman for Family gibt es da auch und noch ganz viel anderes for Family.