Quasi gegen meinen Willen wurde ich am Samstag geehrt. Für meine 25. Blutspende. Zusammen mit Menschen die auch 25 Spenden zählen. Oder auch 50, 75, 100 oder gar 125! Hut ab vor solch einer Leistung! In der Rede des Ortsvereinsvorsitzenden erfuhren wir, dass jeder von uns damit schon mindestens 25 Menschenleben gerettet hat und wir stolz auf uns sein müssen.
Ja? MUSS ich das? Es ist für mich ein Akt der Nächstenliebe und Mitmenschlichkeit. Ich ärgere mich eher darüber, dass ich wegen meiner vielen Reisen nach Großbritannien und ins außereuropäische Ausland so oft von der Blutspende zurückgestellt wurde. Sonst wäre ich jetzt vielleicht schon bei der 50. Spende. Für die Plasmaspende sind meine Adern leider nicht robust genug. Mir wurde bereits im zarten Alter von 19 Monaten das Leben durch eine Bluttransfusion gerettet. Dass ich selber auch Blut spende, stand nie in Frage. Es ist mir eine Ehre, wenn ich mich mit meinem Blut nützlich machen kann.
Die Zahl 25 stimmt auch gar nicht. Das sind nur die Blutspenden beim DRK Landesverband Nordrhein. Ich habe zwei weitere Blutspendeausweise für die Uniklinik Köln und für den DRK Landesverband Thüringen, auf denen weitere 23 Spenden verbucht wurden. Hinzu kommt eine „Sofortspende“ in einer Krankenstation in Südindien, weil ich für einen verunglückten Amerikaner weit und breit die einzige Spenderin mit B negativ war. Wenn ich keine übersehen habe, bin ich also schon bei 49 Vollblutspenden. Aber ist das wichtig? Wenn nur eine davon objektiv lebensrettend war, bin ich tief zufrieden mit mir.
Selbstverständlich habe ich auch einen Organspenderausweis. Ihr auch?
Meine Mutter behauptet ja immer, ich sei im letzten Leben Hanseatin gewesen. Und das nur, weil ich mir aus Orden und Ehrenzeichen nicht allzu viel mache. Zu dieser Veranstaltung fuhr ich auch nur, weil Karl (der Stadtverbandsvorsitzende des DRK) mich so nachdrücklich darum gebeten hatte und ich ihn nicht enttäuschen wollte. Außerdem bat er darum, meine Mutter mitzubringen, die sich als Blutspendehelferin auch eine Teilnahme an diesem Essen verdient hatte, aber nach dem Kollaps immer noch etwas mit Schwindel zu tun hat und deshalb nicht gerne Auto fahren möchte.
Sie selbst ist ja Zeit ihres Lebens eine fleißige Arbeitsbiene gewesen und sammelte Ehrungen, wie andere Briefmarken sammeln. Bei den Naturfreunden ist sie Ehrenmitglied, beim DRK hat sie etliche Medaillen und Abzeichen für langjährige Treue und fleißige Mitarbeit erhalten. Zu Zeiten, in denen sie außerdem noch im katholischen Kindergarten kochte bzw. Schiedsfrau war, wurden ihr sogar die Bundesverdienstmedaille und das Bundesverdienstkreuz am Bande zuteil.
Vorgeschlagen wurde ich zwar schon einmal für eine solche Auszeichnung, als ich im DRK noch aktiver war, aber der Antrag verlief im Sande, nachdem ich davon erfahren und meine Ablehnung deutlich zum Ausdruck gebracht hatte. Meine Kollegen fanden dann ein anderes Opfer, das eine Ehrung duldete und angemessen feierte.
Diese Auszeichnungen haben für mich einen schalen Beigeschmack. Am eigenen Leibe musste ich erfahren, dass meine Mutter jahrelang von morgens bis abends ehrenamtlich das Villehaus (Naturfreundehaus & Jugendherberge) bewirtschaftete, während ich allein zuhause war. Sie kochte, spülte, putzte für andere Kinder und nicht für mich. Wenn ich Sorgen in der Schule oder mit Freunden hatte, musste ich mit dem Fahrrad 5 km den Berg hoch fahren, um mit ihr zwischen Kartoffelschälen und Schnitzelpanieren zu sprechen, immer wieder unterbrochen von eintreffenden Gästen und eingehenden Anrufen. Das will kein Vorwurf sein. Meiner Mutter gefiel es, ihrem Verein zu helfen, Gäste zu beherbergen und stets das Gefühl zu haben, wichtig zu sein. Die Ehrungen waren dann noch einmal eine Bestätigung der regelmäßigen Anerkennungen durch dankbare Gäste. Gleiches gilt für das DRK. So lange sie noch Begleiterin von Seniorenfahrten war, Sanitätsdienste und Kocheinsätze mitmacht und bei der Blutspende hilft, fühlt(e) sie sich jung und gebraucht. Die Ehrungen des DRK waren auch da wieder eine schöne Bestätigung.
Okay, ich würde es in meinem Leben nie zu so vielen Auszeichnungen bringen wie sie, selbst wenn ich sie nicht ablehnen würde. Dazu verbringe ich nicht genug Zeit mit ehrenamtlicher Tätigkeit. Meine ehrenamtlichen Leistungen als Leiterin von Kinder- und Jugendgruppen, im Jugendhilfeausschuss der Stadt Hürth, im Villehaus und beim DRK liegen schon lange zurück.
Meine Reiseführer schreibe ich gegen Honorar, meine Kinder versorge ich aus Liebe. Dafür gibt es keine Medaillen oder Urkunden. Die brauche ich aber auch nicht, um zufrieden mit mir zu sein. Ich trage lieber die Arme einer meiner Töchter um den Hals als eine Ordenskette.
Ich glaube, das hat insgesamt etwas mit der Art der Motivation zu tun. Meine Mutter ist extrinsisch motiviert. Sie benötigt Anerkennung von außen, um zufrieden mit sich selbst zu sein. Ich bin eher intrinsisch motiviert: wenn mir eine Tätigkeit Freude macht, ist mir ziemlich egal, ob ich dafür gelobt werde oder nicht. Mir ist solch eine Anerkennung oft eher lästig, weil sie Druck auf mich ausübt, beim nächsten Mal wieder so gut, so fleißig, so zuverlässig zu sein – oder sogar noch besser!
Es machte mich glücklich, wenn meine Überredungskünste eine alte Dame dazu brachten, ihr Haus hinter dem aufgeweichten Damm zu verlassen und in das Rettungsboot der DLRG einzusteigen. Erschöpft ins Bett zu fallen, nachdem ich Dutzende von Doppelstockbetten aufgebaut und Kilometer von Stromleitungen verlegt hatte, war herrlich! Es befriedigte mich, einen Streit zwischen verkrachten DRK-Helfern aus Düsseldorf und Duisburg geschlichtet zu haben. Es machte Spaß, für die frustrierten Helfern des THW, die fernab von jeder Zivilisation im Rohbau eines AKW fest saßen, quasi als Sozialstation tätig zu werden, indem ich Kontakt zu ihren wütenden Arbeitgebern herstellte, die gar nicht verstanden, warum ihre Mitarbeiter nicht mehr in Bayern hauptberuflich arbeiteten, sondern in Sachsen-Anhalt ehrenamtlich Bötchen fuhren.
Mir liefen die Tränen, als ich einfach aus einer Laune heraus an einem Sonntag auf dem Rückweg von der AKW-Ruine an einem Gottesdienst in Stendhal teilnahm und die Pastorin alle Helfer in Uniform danach zu Kaffee und Kuchen einlud. Tags drauf sah ich bei McDonalds, dass es dort Leute gab, die ein „Helfermenü“ bezahlten, ohne etwas ausgehändigt zu bekommen. Als ich meinen Hamburger in Empfang nahm, durfte ich nicht bezahlen, weil sich die dankbaren Einheimischen und der McDonalds-Chef darauf verständigt hatten, dass die aus dem ganzen Bundesgebiet angereisten ehrenamtlichen Helfer hier kostenlos essen durften. Tief zufrieden mit meinen Leistungen – und etwas beschämt angesichts der übermäßigen Dankbarkeit – kehrte ich nach dem Hochwassereinsatz zurück.
Doch als mir kurz darauf eine gerahmte Urkunde des damaligen Bundesinnenministers Otto Schily in der DRK-Zentrale überreicht werden sollte, bat ich darum, sie mir doch einfach per Post zuzuschicken. Für mich war dieser Einsatz eine Selbstverständlichkeit. Es war wahrscheinlich DER Einsatz, auf den ich jahrelang in all meinen Ausbildungen hingearbeitet hatte, da gab es doch nichts, worum ein solcher Wirbel gemacht werden musste. Mir wäre es peinlich gewesen, zur Entgegennahme der Urkunde vor die Mitgliederversammlung treten zu müssen. Nein, nicht weil ich scheu bin. Ich kannte die meisten Teilnehmer und war es aus meiner Zeit als Kreisbereitschaftsleiterin gewöhnt, vor diesen Menschen zu sprechen. Es war die Ehrung, die mich fern hielt.
Vielleicht fragt ihr euch jetzt, warum ich mich dann im Januar über den Liebster Award gefreut habe. Tja, sind wir doch ehrlich: Das ist ja gar keine echte Auszeichnung, sondern einfach nur eine Weiterempfehlung meines Blogs durch eine andere Bloggerin. Eine Nettigkeit. Nicht mehr und nicht weniger. Und keinesfalls zu vergleichen mit dem Bundesverdienstkreuz meiner Mutter, hinter dem jahrzehntelange kontinuierliche Arbeit steckte.
Voller Freude durfte ich lesen dass ich persönlich eine Bundesverdienstkreuzträgerin kenne! Aber ich weiss das ihr das dankbarer Lächeln wichtiger ist als der Ordern auch wenn es es sicher guttut das mal von höchster Stelle zu „hören“
Für mich selber wäre das auch nichts, aber dennoch habe ich mal nachgezählt. In meinen Blutspendeausweisen (Berlin und NDS) komme ich auf 9 gestempelte Spenden seit 2001 (auch bei mir waren Auslandsaufenthalte, Borreliosen und OPs oft Hinderungsgründe) dazu habe ich seit dem ich spenden durfte schon zu Schulzeiten gespendet(Keine Ahnung wo der Ausweis ist). Wärend des Studiums, gebe ich offen zu, habe ich Plasma gespendet und war dankbar für die 20 DM. In den letzten Jahren passten meine beruflichen Termine nicht zu den Spendeterminen.
Darüberhinaus habe ich einen DKMS Registrierung und natürlich einen Organspendeausweis (was noch zu gebrauchen ist soll man sich nehmen). Letzteres finde ich wichtig, egal wie man sich entscheidet, aber ich möchte diese Entscheidung nicht meiner Familie aufbürden.
Wertschätzung ist schön, aber ich kann mit ihr eigentlich genauso schlecht umgehen wie mit Kritik…..
Du tust so, als wäre Plasmaspende eine Schande.Die paar Kröten sind doch allein durch den Zeitaufwand gerechtfertigt. Ich hätte es gerne gemacht.
Das Spenden ist nicht die Schande, sondern dass sondern das Geld dass ich damit verdient habe und dass ich Plasmaspende gewählt habe, weil ich dann öfter spenden konnte. Ich habe mit der Not andere mich finanziert
Sehe ich anders. Du hast Plasma und Lebenszeit für andere gegeben. Und selbst wenn du die Plasmaspende wegen der höheren Verdienstmöglichkeit gewählt hast, konntest du durch die auf diesem Wege viel häufigeren Spenden eben auch viel mehr Menschen helfen. Hättest du persönlichen Kontakt mit den Empfängern bekommen, wäre das Geld, das du dafür bekommen hast, sicherlich kein Thema zwischen euch gewesen. Ich denke auch nach so vielen Jahren nur mit Hochachtung an die Menschen, die mir damals mit ihrer Blutspende das Leben gerettet haben und ich weiß, dass es in der Kölner Uniklinik für die Spender auch Geld gab.
Wenn Blut durch Medikamente ersetzt werden könnte, würden die Pharmakonzerne ein Vielfaches von deinen kümmerlichen 20 DM bekommen.