Auf den Pilgerwegen bin ich ja meist allein unterwegs, aber in Wales ist dies eine neue Erfahrung. Ungeheuer wichtig für mich, wie ihr bereits gelesen habt. Aber manchmal schwierig für die Zeitplanung.
Ich habe in Erinnerung, dass uns die Einheimischen immer freundlich grüßten und auch gerne länger mit uns sprachen, wenn wir eine Frage stellten. Von sich aus begannen sie aber nie in ein längeres Gespräch.
Anders bei diesem Offa’s Dyke Walk. Ich bin allein unterwegs und damit in den Augen der Einheimischen offenbar automatisch einsam. Nahezu jeder, den ich treffe, verwickelt mich in ein Gespräch.
Smalltalk über das Wetter, mein Woher und Wohin sowie 100 andere Themen zeigen ihr Interesse an mir. Ich bekomme Tipps und Empfehlungen zum Weg, weiß welche Nationalität die Wanderer vor mir haben, kenne nun die wichtigsten Regeln beim Trockenmauerbau und dürfte heute an den letzten 6 km eines Charity Walks nebst Abschlussgetränk der Finisher teilnehmen. Ich werde zum deutschen Schulsystem, zu meiner Einstellung zum Königshaus und meiner Meinung zum Brexit befragt. Ein pensionierter Lehrer lobte mich für meine Aussprache bei walisischen Worten, ein übergewichtiger Teenager bat mich um den ultimativen Abnehmtrend auf dem Kontinent, eine junge Mutter freute sich über einen Plausch zum Thema Trotzphase, ein älterer Herr über meine netten Worte zus einem wunderschönen Blumengarten und ein zehnjähriges Mädchen erzählte mir, dass es mit dem Verkauf von Eis an Offa’s Dyke Walker seine Urlaubskasse auffüllt.
Bei all dem werde ich mindestens zweimal am Tag zu einem „quick cup of tea“ eingeladen, heute sogar von einem Pastor in einer Kirche mit Picknicktischen auf dem Friedhof.
Das ist auch solch ein liebenswertes Detail dieser Wanderung: fast alle Kirchen sind offen. An heißen Tagen bieten sie kühlen Schatten, bei schlechtem Wetter guten Witterungsschutz. In mindestens drei Kirchen auf dieser Strecke findet der Wanderer Getränke (einmal sogar mit Keksen). Das Wasser für den Tee, Kaffee oder Kakao erhitzen Wasserkocher, die man im Glockenturm, in einer Kirchenbank oder auf dem Deckel des Taufbeckens entdeckt. Dazu Sitzecken mit Malblättern für Kinder drinnen oder Picknicktische draußen auf dem Friedhof (es hat schon etwas morbides, zwischen den Gräbern sitzend seinen Tee 😨 zu trinken).
Oh, Wales, du bist und bleibst MEIN LAND.
Aber meine Zeitplanung ist dadurch völlig im Eimer und ich muss zwischen diesen Gesprächen schneller wandern, damit sich meine Mutter keine Sorgen macht, weil ich viel später als angekündigt am Caravan bin.
Auch gut, dann haben auch all die zum Tee gereichten Kekse und Welsh Cakes keine Chance, sich auf den Hüften breit zu machen.
Oh wie schön ist Pana……Wales!
Pana bestimmt auch, da riecht es so gut nach Bananen, aber da war ich noch nie.