Kennt ihr das?
Ihr sucht ganz verzweifelt nach einer bestimmten Sache A, sie ist unauffindbar. Einige Tage später sucht ihr nach einer zweiten Sache B – und findet dabei die Sache A an einer Stelle, an der ihr in 100 Jahren nicht gesucht hättet.
Zu diesem Phänomen beobachte ich in letzter Zeit einige Varianten:
- Die Sache A taucht an dem Tag auf, an dem ich mir Ersatz dafür gekauft habe.
- Die Sache A taucht wieder auf, wenn jemand anderes im Haus die Sache C sucht.
- Die Sache A taucht einfach so wieder auf – exakt einen Tag, nachdem ich sie nicht mehr brauchen kann.
- Die Sache A taucht wieder auf, nachdem ich die Suche aufgegeben habe.
Eine solche Sache aus dem letzten Aufzählungspunkt ist eine Urkunde: Vor einigen Jahren beantragte ich bei der Long Distance Walkers Association (LDWA) die Eintragung in das Register of National Trail Walkers. Den Bronze Award konnte ich beantragen, nachdem ich fünf verschiedene Fernwanderwege in Großbritannien gelaufen war, das sind National Trails in England und Wales bzw. Official Long Distance Routes in Schottland. nachdem ich alle Formulare ausgefüllt hatte, wartete ich vergebens auf die Urkunde. Jahrelang. Dabei dachte ich immer, dass ich vielleicht doch nicht alle Kriterien erfüllt hatte.
Im Juni, nachdem ich den Offa’s Dyke Path inzwischen das vierte Mal komplett gewandert war, machte ich alle Angaben noch einmal neu, diesmal online. Man teilte mir mit, dass man mich in das National Trails Register eintragen werde, aber mir leider keine neue Urkunde ausstellen könne. Inzwischen habe ich nicht nur fünf, sondern schon sechs Fernwanderwege aus der Liste hinter mir. Ich freute mich deshalb, dass ich damit ja schon auf den Silver Award zusteuere, dachte dann aber nicht mehr weiter an die LDWA und ihre Awards. Kurz hatte ich Ende Juni noch einmal das Thema mit Mike, der auch den Bronze Award hat, dann war das Thema wieder aus dem Kopf.
Heute nun liegt ein noch geschlossener A4-Umschlag aus England auf meinem Schreibtisch. Einer meiner Mitbewohner hat wohl in seinen Sachen aufgeräumt/ausgemistet und diesen Brief gefunden. Ihr könnt euch meine Überraschung und Freude kaum vorstellen, als ich diese Urkunde aus dem Umschlag zog. Darauf steht schwarz auf weiß, dass ich seit dem 27. August 2010 den Bronze Award habe.
Eigentlich ja nur ein Stück beschriebene und bedruckte Pappe. Aber dahinter stecken viele Tage und Kilometer Wandern bei jedem Wetter, viele Anstrengungen und unendlich viele wunderschöne Wandermomente, an die ich mich nun jeden Tag erinnern kann, wenn ich auf diese Urkunde schaue. (Ja, Silke, der Glyndwr’s Way gehört auch zu dieser Liste)
Ja, und ihr vermutet richtig. Das ist meine Lifetime Challenge: Ich wünsche mir, am Ende meines Lebens alle 19 britischen National Trails gelaufen zu sein. Das ist ziemlich unrealistisch, sagt ihr bestimmt. Ja, ist es. Aber ich brauche Ziele in meinem Leben, die größer sind als das alltägliche Klein-klein. Und selbst wenn ich es nicht schaffen sollte, habe ich jahrelang einen wundervollen Traum von entspanntem Traben auf dem Thames Path und von windgepeitschten Wochen auf dem South West Coast Path (630 Meilen!) geträumt, habe mich auf dem Fernwegklassiker Pennine Way gesehen und gespannt auf eine Wanderung auf dem Hadrian’s Wall Path gewartet, um den Hadrian’s Wall mit dem Offa’s Dyke vergleichen zu können.
Hadrian Wall und auch den Küstenweg von Cornwall würde ich auch gerne mal machen, aber für die „Affen Insel“ ist mein liebster nicht wirklich zu haben (ja das ist eine Bewerbung)
Oh, eine Bewerbung? Das fühlt sich nach Arbeit an. Bislang war ich eigentlich davon ausgegangen, dass ich die irgendwann ‚mal allein und privat laufe.
Aber mit dir auch immer wieder gerne. Muss nur erst meine orthopädischen und organisatorischen Probleme in den Griff bekommen. Und dann können wir ja mal sehen, ob es privat bleibt oder eine Recherche wird – oder so eine Recherchekatastrophe wie beim Glwyndwr’s Way…
Just for Fun oder zu Recherchezwecken ist mir im Grunde egal, aber für dich macht es natürlich einen extremen Unterschied. Orthopädisch bin ich ja auch gerade nicht auf der Höhe wie du ja gelesen hast. Und innerhalb der nächsten 3-4 Jahre sollten wir es vielleicht doch schaffen. Bei der Kontrolle der Adressen für den Offa habe ich auch einen Anbieter gefunden, der Quartiere am Weg anbietet. Vielleicht kommen wir tatsächlich in ein Alter, wo eine solche etwas vor organisierte Wanderungen in Anspruch nehmen sollten/könnten.