So fußkrank wie ich bin, finde ich tatsächlich in meinen Arbeitspausen etwas Zeit, andere Blogs zu lesen. Besonders dankbar bin ich Bibo für ihren herrlich ironischen Beitrag November – äh? – Glück zu Zwetschgenmanns Blogparade, die ich ohne ihre Hilfe nicht gefunden hätte. Danke Bibo – und gute Besserung!

Geradezu entschuldigend leitet Zwetschgenmann mit den Worten „Der November ist eklig“ ein, schreibt von Regen, Grabpflege, Vorweihnachtsstress und Übellaunigkeit allüberall… bevor er nach schönen Aspekten sucht.

Nun, mir geht es anders als euch. In meinem Hirn und in meinem Herz sind wohl einige Drähtchen falsch verlötet worden, denn

ICH LIEBE DEN NOVEMBER!*

 

Liebe braucht keine Argumente und keine Gründe, ich kann euch aber sogar eine lange Liste von Novemberglück vorlegen, auf der meine Liebe zum November basiert:

Novemberglück ist für mich…

Alle selbstgebastelt, Zustand nach einem Martinszug und einem Rummelabend
  1. …Sankt-Martins-Umzüge und das anschließende Rummeln in der Nachbarschaft.
  2. …kunterbunte Blätter und Früchte an unseren Büschen, Bäumen und Stauden.
  3. …ein Monat, in dem ich meine Zeit vernünftig einteilen kann, weil nicht ständig Ferien für die Kinder sind.
  4. …die letzte Ernte von Himbeeren und Erdbeeren fällt auf den selben Tag wie die erste Ernte frischen Feldsalats.
  5. …der Geburtstag zweier meiner liebsten Freunde.
  6. …dampfender Atem beim ersten Verlassen des Hauses am Morgen.
  7. …endlich wieder gut durchatmen bei vernünftigen Temperaturen und klarer Luft.
  8. …die für das Frühjahr geplanten Neuerscheinungen bekommen ihren letzten Schliff, sie gehen als pdf und Drucke zwischen Lektor, Fotoredaktion, Layout und mir hin und her.
  9. …das Ende dieser bescheuerten Sommerzeit. Endlich ist es morgens wieder hell, wenn ich aufstehe.
  10. …ein laut gegröhltes „I’m singing in the rain“ mitten in der Waldeifel bei der verregneten letzten Recherchewanderung für ein Buch.
  11. …das Schreiben von Briefen und Wunschzetteln an das Christkind mit meinen Kindern.
  12. …dampfender Tee.

    Schwarze Pappe, Kleber und ein halber Garten – fertig ist das Kunstwerk
  13. …wunderschöne Herbstbasteleien meiner Kinder.
  14. …Vorfreude auf das kommende Jahr bei der Jahresplanung mit dem frisch gekauften Kalender (ja, den kaufe ich mir immer erst im November).
  15. …auf der Terrasse sitzen, in die Herbstsonne blinzeln und die Klimaerwärmung ‚mal fünf Minuten nicht ganz so schrecklich finden wie sonst.
  16. …heiße Maronen.
  17. …die Ruhe vor dem Sturm. Der November ist immer so nett ruhig und beschaulich, bevor im Dezember der Vorweihnachtswahnsinn – gepaart mit dem Jahresendfieber – über mir herein bricht.
  18. …das erste Kaminfeuer der Saison.
  19. …raschelndes Herbstlaub unter unseren Füßen und Pfoten bei der Hunderunde. Dazu langsam durchsichtiger werdender Frühnebel, herrlich!

    Wunderschöne Farben und Schatten
  20. …sich gegenseitig jagende Wolken, die an meinem Fenster vorbei ziehen
  21. …Vorlesestunden auf dem Sofa.
  22. …gemeinsames Plätzchenbacken.
  23. …Kinderglühwein-Experimente.
  24. …Vorfreude auf den Winterurlaub.
  25. …letzte Kinderflohmärkte.
  26. …Lamatrekking und andere Wanderungen, zu denen sich meine Kinder bei Sommerhitze nicht bequatschen lassen. Ihr könnt euch erinnern: auf Mallorca ging Aurelia selbst im Winter nur mit, wenn es regnete.
  27. …Beginn der Adventszeit.

So weit, so locker.

Aber ich habe auch sehr emotionale Erinnerungen an manch einen November, die ich unter dem Strich als Novemberglück bezeichnen würde:

  1. …die Erinnerung an den November 1968, als meine Mutter sich nach dem Tod meines Vaters wieder so weit gefangen hatte, dass sie mich in meiner Trauer wahrnahm. Ja, da war ich glücklich, ob ihr es glaubt oder nicht. Einen schrecklichen Monat lang bekam ich von allen Erwachsenen gesagt, ich solle nicht weinen, um es meiner Mutter nicht noch schwerer zu machen. Dann, im November, schaute meine Mutter mich an und sagte: „Lass uns zusammen um Papa weinen!“. Sie nahm mich wahr und ernst in meiner Trauer, von da an ging es bei uns beiden bergauf.
  2. …die Erinnerung an den November 1970, als meine Mutter nach unvorstellbar langen sieben Monaten von ihrer TBC geheilt aus dem Sanatorium kam. Sie hatte mich bei meinem Onkel und meiner Tante gelassen, durfte mich die ganze Zeit nicht sehen und meine Tante hatte mir mehrfach gesagt: „Mama will dich nicht mehr haben!“
  3. …die Erinnerung an den November 1980, als ich nach 9 1/2 Jahren (in Worten NEUNEINHALB !) im Hinblick auf meine multiplen Allergiene als austherapiert galt und nicht mehr jeden Freitag nach der Schule beim Arzt meine Desensibilisierungsspritze bekam.
  4. …die Erinnerung an den November 1991, als ich in meiner Trauer um Freddie Mercury bei einem DRK-Führungskräftelehrgang in Gedanken einen Queen-Song summte, der sonst so gestrenge Kursleiter kurz innehielt, dann den Refrain mitsang und „We are the Champions“ anstimmte, als wir ein paar Minuten später zum Kolonnenmarsch starteten. Alle anderen Lehrgangsteilnehmer (ich war die einzige Frau) sangen mit, mehrere mit Tränen in den Augen.
  5. …die Erinnerung an den November 1996, als feststand, dass meine Mutter den Magenkrebs ohne Metastasen überstanden hatte.
  6. …die Erinnerung an den November 2003, als ich zur Überarbeitung eines 720 Seiten dicken Reiseführers kreuz und quer allein durch Tunesien reiste und jede Hürde nahm, selbst wenn sie mit dem Steckenbleiben in einem Hochwasser führenden Bach oder einem Aufenthalt im Stadtgefängnis verbunden war. Ich war über einen Monat unvergesslich glücklich.
Im November können wir es uns abends zuhause so herrlich muckelig machen

Zugegeben, ich habe in diesem aktuellen November auch einige echt üble Momente gehabt und bis zum Monatsende werden weitere hinzu kommen. Dafür ist aber nicht der arme November verantwortlich zu machen, das hätte mir auch im wonnigen Mai oder im dummen August (ja, doofes Wortspiel, ich weiß!) passieren können. Also bleibt es dabei:

*Ich liebe den November!

Und das liegt in erster Linie daran, dass ich immer den Monat und die Jahreszeit am liebsten mag, in der ich mich grade befinde. Ich mag den Wechsel der Jahreszeiten und fände es sehr langweilig, in einer Region zu leben, in der es keine Jahreszeiten gibt. Mir wäre deshalb auch 2018 ein etwas frischerer Frühling, ein typischer durchwachsener Sommer und ein bunter-regnerischer-stürmischer Herbst lieber gewesen als dieses halbe Jahr mediterraner Sommer. Das ist doch sooooo langweilig. Wenn ich von Ostern bis November Sommer haben wollte, zöge ich in die Toskana oder nach Sizilien!

4 thoughts on “Endlich ist es November, welch ein Glück!

  1. Vielen Dank fürs Mitmachen. Eine erstaunliche Liste, 27 Gründe, den November zu lieben. Und sehr berührende, persönliche Erinnerungen, die Du mit uns teilst. Solche Beiträge beweisen: Der November trägt seinen schlechten Ruf zu Unrecht.
    Danke noch mal und liebe Grüße
    Lutz

  2. Liebe Ingrid,
    du hast ja schon ganz schön was erlebt in deinem Leben. Wie schön, dass du dir deine Lebensfreude und Zuversicht erhalten hast!
    Hast du unser Buch nach dem Satz schon zu Gesicht bekommen?
    Gruß
    Aurora

  3. Danke für die Genesungswüscne. Ich zöge gern auf die Kanaren oder nach Costa Rica. Heute Nacht erwarten wir freudig den ersten Bodenfrost und ich bin immer noch am röcheln.

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