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Wir sind die perfekten Müllsammler und erweitern unseren Aktionsradius.
Seit Jahren beteiligen wir uns in Hürth am städtischen Frühjahrsputz. Nach gemeinsamem Müllsammeln geht es dann noch auf einen kleinen Imbiss zum Bauhof. Essen könnten wir auch zuhause, aber die Kinder lieben die Bagger, LKW und anderen Baufahrzeuge so sehr.
In diesem Frühling kommt die Nachbarstadt hinzu: Köln. Und zwar bekommen die Kinder Ferienhausaufgaben, die einer Challenge gleichkommen. In den Winterferien sollten sie eine Ansichtskarte aussuchen – schreiben – adressieren – frankieren – abschicken. Das ist für sechs und sieben Jahre alte Kinder eine echte Herausforderung – „Geht das auch als WhatsApp?“
Neue Aufgabe für Aurelia und ihre Schulkollegen: Die Easter Holiday Trash Tag Challenge. Die Kinder sollen Müll sammeln und bekommen Housepoints für ein Beweisfoto, für eine Twitternachricht und/oder Vorher/Nachher-Fotos bei Twitter unter #TrashTag.
Aurelia verabredete sich mit ihrem Freund Sidney und seinen Schwestern zum gemeinsamen Challengen. Wir suchten uns ein schönes Sammelgebiet aus, meldeten unsere Aktion offiziell bei der Kölner AWB an und legten Gummistiefel und Regenanzüge zurecht. Auch der plötzliche Ausfall der drei Mitstreiter von der anderen Rheinseite hielt uns nicht von unserem Vorhaben ab. Was tun wir nicht alles für die pflichtbewusste Erledigung von Hausaufgaben…
Mittags hielten wir dem Pförtner des AWB Betriebshofs unsere Genehmigung unter die Nase und er überreichte der Expeditionsleiterin Aurelia die mit der Genehmigung verbundenen Handschuhe für Kinder und Erwachsene sowie eine Rolle Mülltüten. Unsere Funde durften wir einfach neben einen der Mülleimer im Suchgebiet stellen, die Kollegen sind informiert und holten alles am frühen Abend ab.
Schon auf der Treppe hinab in die Groov entdeckten wir Dosen, Flaschen, Plastikverpackungen und Glasscherben. Noch überwiegt bei Aurelia der Ekel und das Unverständnis darüber, dass die Leute so etwas wegwerfen, obwohl der Nächste Mülleimer in Sichtweite steht und es auf die Flaschen sogar Pfand gibt.
Weiter geht es zwischen der Oberen und der Unteren Groov hindurch zum Fähranleger. Sogar direkt zwischen Ufer und Fähre finden wir eine Glasflasche im Wasser.
Wir kommen mit dem Fährmann ins Gespräch, der grade ein Schild aufhängt und Nele besteht darauf, dass wir mit dem „Wassertaxi“ zur anderen Rheinseite fahren.
Wie erwartet/befürchtet, finden wir am Sandstrand neben der Fähre ziemlich viel Müll. Und das, obwohl die Groov sogar Paten hat, die neben der AWB regelmäßig Müll sammeln. Mit der langen Alustange hatten nicht einmal wir Erwachsenen gerechnet.
Zwischen den Bäumen neben dem Strand sieht es noch schlimmer aus. Das ist kein Treibgut, da hat jemand im gehen ein ganzes Picknick fallen lassen. Hier machen wir für die Twitter-Challenge das vorher-nachher-Foto.
Das wird natürlich alles schnell eingesackt, die Kinder sind inzwischen richtig im Jagdfieber. Ein gutes Training für die Ostereiersuche!
Im Treibgutgürtel wird der Müllsack schnell voll. Aurelia flitzt zwischen den Rufen der Kleinen „Hier ist was!“ hin und her. Ich darf nur die Tüte und die Stange hinterher tragen, selbst beim Autorad darf ich erst nach etwa 50 Metern helfen.
Ächzend schleppen wir unsere Funde zum nächsten Mülleimer. Gar nicht so leicht, denn auf den letzten Metern müssen wir auch noch drei Kölschfässchen jonglieren. Oma macht Beweisfotos, die alle missraten, weil wir alle zu zappelig sind und weiter suchen wollen. Dann macht der Kameraakku Feierabend.
Wir sammeln noch einen zweiten Berg mit ähnlichen Ausmaßen zusammen, dann wird es uns zu kalt. Aber nicht kalt genug, um nicht noch im Eis-Café Veranda für fast jeden von uns eine Kugel Eis – und für Oma einen Togo-Kaffee zu kaufen.
Guter Laune treten wir den Heimweg an. Aurelias Ferienhausaufgabe hat uns einen halben Tag an der frischen Luft beschert. Wir sind mit dem „Wassertaxi“ gefahren, hatten Eis und Kaffee, sind von mindestens 10 wildfremden Menschen gelobt worden, haben Muscheln gesammelt, am Strand gespielt und einen alten Flaschensammler glücklich gemacht, den wir an einem der Mülleimer trafen und der unsere Pfandflaschensammlung mit einem Blick auf „Mindestens sechs Euro!“ taxierte.
Wir haben die Blüten von Forsythien, Apfelbäumen, Löwenzahn, Huflattich, Lungenkraut, Taubnessel, Narzisse, Hirtentäschel, Stiefmütterchen, Hornveilchen, Veilchen, Scharbockskraut, Gänseblümchen und einen erstaunlich frühen Gundermann für eine andere Hausaufgabe notiert, für die Aurelia bei einem Familienspaziergang alle Blüten notieren und bestimmen soll. Wie gut, dass Oma sich so gut auskennt, also müssen wir zuhause nur noch die Notizen ins Englische übersetzen.
Nein, wir haben nicht die (Um)Welt gerettet. Aber wir fühlen uns alle richtig klasse nach dieser guten Tat. Abends bringen alle drei Kinder ihren Müll unaufgefordert in die Küche, wo er sortenrein getrennt wird. Nein, ich gebe mich nicht der Illusion preis, dass dies von Dauer ist. Aber ich freue mich über den Lerneffekt, besonders als Nele bei der Hunderunde am Abend einen Mann anquatscht „Du darfst das Papier nicht fallen lassen. Das gehört in den Mülleimer!“
Nun liegen die Handschuhe zum Trocknen in unserer Küche und warten auf einen neuen Einsatz. Die Kinder wollen nämlich in den Ferien noch einmal losziehen. Diesmal wollen sie den Spielplatz hinter unserem Garten säubern. Bestimmt haben die niedlichen „Kölle Putzmunter“-Handschuhe nichts dagegen, auch in der Nachbarstadt zum Einsatz zu kommen.
Ja, es ist traurig, dass die Leute alles fallen lassen. Und dann liest man in gewissen Kommentaren: Der Müll im Meer kommt aus anderen Ländern. Sollen die doch erst mal… „Wir“ sind Weltmeister im Müll trennen!
Ja, es ist ja nicht einmal gelogen. Warum kommt denn der Müll in den Meeren aus anderen Ländern? Weil die oft unter schlimmsten Bedingungen irgendwelchen unnötigen Quatsch für uns produzieren, der dann über alle Weltmeere geschippert wird, um dann unmittelbar nach Gebrauch (oder sogar unbenutzt) weggeworfen zu werden.
Aber wenn ich mit dem Zeigefinger auf einen anderen zeige, dann zeigen Mittel-, Ring- und kleiner Finger auf mich selbst.
Also kehre ich vor der eigenen Tür und kann vielleicht die Nachbarn mit meinem Vorbild mitreißen. Man stelle sich vor, dass am Ende jeder vor seiner Tür kehrt, dann ist es auch schon viel sauberer.
Mir jedenfalls bricht es das Herz, wenn meine Töchter weinend vor einem Foto sitzen, das einen Vogel zeigt, der mit vollem Magen (voller Plastik!) verhungert ist.