Für den kommenden Sonntag ist Aurelia zu einer Geburtstagsfeier eingeladen. Ein Junge aus ihrer Klasse wird 7 Jahre alt. Aurelia mag den Jungen, ich auch. Die Mutter ist nett. Dennoch bin ich froh, dass Aurelia genau an diesem Tag mit ihrem Vater unterwegs sein wird und ich der Mutter absagen musste.
Und zwar nicht, weil ich ihr eine Geburtstagsfeier vergönne. Sondern weil ich alte Pazifistin nicht verstehen kann, was daran spaßig sein soll. Denn es geht zum Laser-Tag.
So ganz geheuer ist auch der Mutter diese Location nicht. Denn zuerst schickte sie nur eine WhatsApp in den Gruppenchat der Eltern, in der – Safe the day – der Tag der Feier vorangekündigt wurde. Einige Eltern nahmen die Einladung begeistert an, andere sagten mit Bedauern ab. Nach ein paar Tagen ergänzte sie die Uhrzeit und kam dann erst mit dem Veranstaltungsort um die Ecke. Aber auch nicht direkt, sondern erst mit beschwichtigenden Worten wie „dunkel, aber man muss sich nicht fürchten“. Die Jubelfraktion in der Klasse kommentierte dies begeistert im Chat. Ich war froh, ohnehin abgesagt zu haben. Denn sonst hätte ich es spätestens jetzt gemacht.
Ja, ich habe den Mut, mich als Spielverderberin zu outen. So lange ich noch Einfluss auf meine Kinder nehmen kann, möchte ich das nicht. Und schon gar nicht in diesem Alter! Wenn ein Junge 12 Jahre alt wird und schon Piraten-, Fußball-, Kletter- und Trampolingeburtstage gefeiert hat, soll er das von mir aus machen. Aber nicht meine 7-jährige Tochter.
Meine Töchter wissen, dass ich Krieg und Gewalt nicht leiden kann. Sie sollen lernen, dass Gewalt in den allermeisten Fällen keine Option ist. Keinesfalls will ich ihnen das Gefühl vermitteln, dass es ein Vergnügen ist, auf andere Menschen zu schießen.
Hinzu kommt, dass dabei ja auch nicht nur der ballernde Angreife zu betrachten ist, sondern auch das getroffene Opfer seiner Attacke. Mein Kind ist ohnehin traurig darüber, dass die Jungs aus ihrer Klasse schneller rennen und genauer mit dem Ball treffen. Was also soll sie davon haben, von den Jungs „abgeknallt“ zu werden?
Ja, genau so formulierte es einer der Jungen, als er mir erzählte, wie sehr er sich auf diese Geburtstagsfeier freut. „Da können wir die Mädchen alle abknallen!“
Rechtliches:
Hier fühlt sich nicht nur die Mutter, sondern auch die Juristin in mir unwohl. Als ich noch Staatsrechtvorlesungen gab, hatten wir beim Thema Berufsfreiheit auch mit Laser-Tag-Anlagen zu tun.
Unter der nichtoffiziellen Überschrift „Verbot eines Laserspiels“ hat das Bundesverwaltungsgericht schon am 24.10.2001 (6 C 3.01) entschieden,
- dass Laser Tag zumindest nicht aufgrund bestehender rechtlicher Möglichkeiten durch die Verwaltungsbehörden der Gemeinden und Länder verboten werden könne.
- dass es aber dem Gesetzgeber selbst obliege, den gewerblichen Betrieb eines Laserspiels als eine, „neue Form der Berufsausübung“ zu bewerten und die rechtlichen Grundlagen dafür oder dagegen zu schaffen.
- dass eine kriegsähnliche Gestaltung der Laser-Tag Anlage wegen Bagatellisierung von Gewalt mit der im Grundgesetz garantierten Menschenwürde unvereinbar ist.
Das Europäische Recht hat (noch) keine gesetzlichen Regeln zu diesem Thema. Aber der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften (14.10.2004, Az. C-36/02) ist immerhin der Auffassung, dass es nicht gegen die europarechtlichen Vereinbarungen verstoßen würde, wenn Laser-Tag auf nationaler Ebene verboten würde. In dem Urteil heißt es „das Gemeinschaftsrecht steht dem in Deutschland ausgesprochenen Verbot der gewerblichen Veranstaltung von Spielen mit simulierten Tötungshandlungen nicht entgegen“.
Also: Diese Anlagen sind zwar nach aktueller Rechtslage generell nicht verboten, können aber vom Gesetzgeber jederzeit per Gesetz verboten werden und dürfen keine kriegsähnliche Gestaltung aufweisen. Gewerbeamt und Bauamt ziehen in ihren Genehmigungsverfahren auch die Kollegen vom Jugendschutz hinzu, um Altersgrenzen festzulegen oder konkrete Inhalte zu untersagen. Viele der Anlagen sind erst ab 12 oder 16 Jahren freigegeben.
Wegen dem Verbot kriegsähnlicher Gestaltung sehen die meisten Laser-Tag-Anlagen auch eher nach Space Science Fiction aus. Aha, und das soll nun auch für 6-7-jährige Kinder in Ordnung sein?
Vielleicht, weil man dann ja keine Soldaten oder Zivilisten, sondern Aliens tötet???
Für mich ist spielerisches Töten immer spielerisches Töten.
Ja, auch meine Spielfreunde in der Straße hatten Wasserpistolen und Karnevalspistolen mit Platzpatronen. Sie haben haben Holzgewehre gebastelt, eine Holzlatte mit einem Nagel als Abzug. Aber das ist – erstens – überhaupt kein Vergleich und es war – zweitens – ein absolutes Tabu, auf Menschen zu zielen, selbst mit dem Holzgewehr.
Ich kann dir in allem nur zustimmen!! Schon vor 8 Jahren hab ich mich gefragt, warum man einen Klettergarten mit 6jährigen besuchen muss oder ähnliches, wenn einfach das Spielen draußen in der Natur genauso viel Abenteuer bietet. Und auch der Gedanke, dass die Geburtstage einen gegenseitigen „Übertrumpfungsstress“ auslösen, wenn sie so frühzeitig schon solche besondere Attraktionen bieten, ist nicht zu verachten.
Genau, Übertrumpfungsstress ist das richtige Wort. Da geht es ganz oft gar nicht um den Spaß der Kinder, sondern um Prestige. Auch die Mitnehmseltüten werden immer üppiger. Drin ist aber nur ein riesiger Berg Plastikmüll, der nach einmaligem Bespielen kaputt ist oder ignoriert wird. Ein Wahnsinn!
Unsere Highlights bei den Feiern in den vergangenen Monaten waren (1) der von dir genannte Klettergarten, in dem sich die Hälfte der Kinder gar nicht auf den Baum wagte, (2) ein 7. Geburtstag, an dem einen Reisebus voller Geburtstagsgäste Richtung Phantasialand fuhr und (3) eine Feier mit Clown, Akrobat und fünf anderen Animateuren (die Eltern der Gäste waren zeitgleich zu einem Viergängemenü geladen, ich hatte zum Glück anderweitige Verpflichtungen.