Wie ich in meinem Eintrag vom am 25. August schon schrieb, mag ich meine Leser, habe aber mitunter gewisse Schwierigkeiten, mich in sie hineinzuversetzen.
Einige meiner Leser erwarten, dass sie alles genauso vorfinden, wie ich es beschreibe.
Das ist für mich in Ordnung, wenn es um Beschreibungen des Landes, des Weges oder einer Unterkunft geht. Ich bin ja dringend darauf angewiesen, dass ich zwischen zwei Recherchen von unpassierbaren Wegen, eingestürzten Brücken, geschlossenen Hotels und ähnlichen dauerhaften Änderungen erfahre, die ich dann vom Verlag in die Updates aufnehmen lassen kann.
Aber manch ein Leser geht deutlich weiter und erwartet nahezu völlige Übereinstimmung seiner Reise mit meiner Reise, sogar beim Wetter:
Kurz nach Karneval beklagte sich eine Leserin darüber, dass sie den von mir empfohlenen Winterwanderweg nicht laufen könne, weil in diesem Winterurlaub kein Schnee gefallen sei. Mein Einwand, der Weg sei auch ohne Schnee zu finden und ganz nett, wurde beiseite gewischt mit den Worten „Dann hätten Sie aber keine Schneefotos abdrucken dürfen!“
Ein Pilger schrieb mir im April von der Via Francigena: „Es gibt keinen Grund, die Mückenthematik so aufzubauschen! Ich laufe seit 9 Tagen durch die Poebene und habe noch keine einzige Mücke gesehen!“ Das mag sogar zutreffen und ich freue mich an diesem Punkt für den Herrn, dass seine Reise nciht so verlief, wie meine Reise. Denn ich bin bei mehreren Touren im Juni, Juli und September in der Poebene bös zerstochen worden und bekomme immer wieder dankbare Leserbriefe von Menschen, die sich über die Warnung gefreut haben.
Derselbe Herr beklagte sich darüber, dass er bei der Alpenüberquerung weder einen Dachs, noch ein Murmeltier entdecken konnte. Es wäre also unfair, solche Tiere auf Seite 108 und 117 abzubilden. Oje, hoffentlich hat er auf Seite 71 nicht die Schwäne, Enten, Tauben, Spatzen… gezählt und verklagt mich, weil bei seinem Besuch im Hafen von Ouchy drei Schwäne mehr und zwei Enten weniger anzutreffen waren!
Ähnlich scheint das Ehepaar zu denken, dass sich bei mir vor einiger Zeit ärgerlich darüber äußerte, auf der gesamten Bonifatius-Route kein einziges Reh erspäht zu haben – und das, obwohl ein solches im Buch abgebildet war und man extra leise durch den Vogelsberg gepilgert sei. Jammerschade. Das lag aber wahrscheinlich daran, dass die beiden nicht mit einem schwarzen Neufundländer unterwegs waren. Oder vielleicht zeigen sich die Rehe nur unverheirateten Paaren. Nein, jetzt fällt es mir ein. Wir waren für einen Geocache etwa 20 m vom markierten Weg abgewichen. Also habe ich das Reh ja gar nicht auf der Bonifatius-Route gesehen. Diese Beanstandung erfolgte also völlig zu Recht. Wenn ich den Mut dazu finde, werde ich dies in der nächsten Auflage richtigstellen.
Im Juli erreichte mich eine Mail, in der mir mitgeteilt wurde, dass auf der Via Coloniensis keine einzige Stelle zu finden sei, an der ein umgestürzter Baum auf dem Weg liegt. Das Foto auf Seite 49 im Buch könne also herausgenommen werden.
Anfang August erhielt ich eine Leserzuschrift, in der sich ein Wanderer aus Wales meldete. Er beschwerte sich darüber, dass ich beim Pembrokeshire Coast Path so viele Fotos mit schönem Wetter und blauem Himmel im Buch habe, er aber von den bislang gelaufenen sechs Tagen schon zweieinhalb im Regen läuft. Es tut mir wirklich Leid, weder die Autorin während ihrer Recherchewanderung, noch die Layouterin bei der Auswahl der Fotos kann vorhersehen, bei welchem Wetter die Leser unterwegs sein werden. Sonst würden wir selbstverständlich nur die in Sonnenscheindauer, Niederschlagswahrscheinlichkeit und Tageshöchsttemperatur übereinstimmenden Fotos auswählen.
Zukünftig überlege ich auch, ob ich persönliche Anekdoten als Exkurse einbaue. Sie können missverstanden werden. Von einer Tunesienreisenden erfuhr ich, dass in Sousse gar nicht jede Reisende, die sich ins Rotlichtviertel verirrt, einen Tee angeboten bekommt. So bedauerlich das für die Dame ist: Es kann auch nicht Aufgabe von tunesischen Liebesdamen sein, ihr einen Tee zu machen. Als ich diese Anekdote ins Buch und auf die Homepage aufnahm, war dies als Warnung gedacht, nicht als Einladung.
Ich weiß wirklich nicht was sich manche deiner Leser denken!
Alles gut, so sind sie eben. Es dient ja auch meiner Erbauung und Erheiterung. Vor einiger Zeit schrieb mir ein Leser konsequent in Deutsch, d.h. er sprach auch nicht vom Outdoor-Führer im Conrad Stein Verlag, sondern vom Außentür-Führer. Der halbe Verlag hat sich gekringelt vor Lachen.