Diese Woche sind in unserer Schule noch Ferien, es geht erst am Dienstag wieder los – für Aurelia gleich mit dem ersten Tag Wechselunterricht zuhause 🙁
Nun dachten wir, vielleicht könnten wir – im Rahmen des Erlaubten und Ungefährlichen – zumindest einen kleinen Rechercheausflug machen. Aber das wurde komplizierter, als uns allen lieb war.
Mehr als 40 Jahre später fällt mir dazu noch ein Spruch meiner Großmutter einfällt: „Wat nix kost, is och nix!“
Leider muss ich ihr posthum zustimmen. Wir hatten uns sehr auf den Museumbesuch gefreut, der sich schon im Vorfeld als Organisationsabenteuer abzeichnete: Die Tickets (huch! gratis?) mussten online gebucht werden. Dazu verabredeten wir noch einen tagesaktuellen Coronatest bei einem Testzentrum, das auch sonntags geöffnet ist.
Sonntag standen wir dort alle parat, aber durch einen Systemfehler waren wir nicht in die Liste der Testlinge gekommen. Meine Mail fand man zwar, aber konnte nichts mehr nachbessern. Die anderen Teststellen in der Nähe sind sonntags geschlossen. Also schnell den Termin beim LVR* abgesagt und für heute neu gebucht.
Montag Mittag dann der Test an unserer Lieblingsteststation (Salus* in Hürth). Für jedes Kind gab es sogar einen Tüte Gummibärchen. Aurelia hatte während der 15 Minuten Wartezeit eine Idee: „Mit diesem Negativtest dürfen wir doch jetzt sogar bei Tedi* einkaufen!“. Ach, manchmal tun mir die Kinder schon etwas Leid. Selbst wenn sie nur Krimskrams einkaufen wollen, müssen sie sich so viele Gedanken machen.
Im LVR Insustriemuseum Textilfabrik Cromford* in Ratingen bekamen wir einen sehr netter Empfang, dazu Händedesinfektion und viel Papierkram. Unser Test wurde minutengenau notiert. Wer am 12.4. um 12.20 getestet wird, muss am 13.4. um 12.19 das Museum verlassen haben. Kein Problem, unser Zeitfenster hätte einen längeren Aufenthalt doch nicht zugelassen.
Die Kinder wurden unruhig und wollen endlich sehen, wie Baumwollgarn gemacht wird. Sie wissen zwar, wie Mama mit dem Spinnrad, mit der Fallspindel oder mit den Fingern aus Schafwolle einen Faden spinnt. Aber aus einer Pflanze?! Wie soll das denn gehen?
Meine Mutter lästerte: „Da waren wir 1972 schneller durch die innerdeutsche Grenzkontrolle als heute in einem rheinischen Museum!“
Aber dann war es endlich so weit:
Wir hatten das Museum für uns. Es gab keine anderen Besucher. Erst als wir gingen, kam ein Pärchen an und begann den Anmeldeprozess. Leider durften die Mitarbeiter weder die Maschinen anschalten, noch die vielen interessierten Kinderfragen beantworten. Das war für alle Beteiligten sehr frustrierend. Oma und Mama brachen sich einen ab bei Erklärungen zu einer ihnen unbekannten Materie. Ich Idiot hätte mich ja vorher besser mal informiert, immerhin ist meine Cousine gelernte Industriespinnerin. Die netten Menschen im Museum standen in 3 m Entfernung händeringend daneben und hätten gern erklärt, durften aber nicht. Die Kinder verstanden nicht ganz, warum sie das nicht durften, aber von Exponat zu Exponat fragten sie weniger…
Und kann mir mal jemand sagen, was dieser abgetrennte Unterarm (zum Glück nur eine Nachbildung) da mittendrin sollte und warum Besucher mit Kindern davor nicht gewarnt werden können ??? Meine Mädels sind nicht empfindlich. Aber wir haben bei der weiteren Besichtigung und auf der gesamten Heimfahrt mehr über dieses Amputat als über das eigentliche Museumsthema gesprochen. Nun wissen die Kinder immerhin ziemlich detailliert, wo sie bei einer Amputationsverletzung abdrücken müssen und wie eine Knochensäge funktioniert.
Zwischen den beiden Museumsteilen sprintete uns ein junger Mann sogar mit drei Exemplaren einer Museumsrallye hinterher, die wir im Kontor, im Herrenhaus und im Außenbereich gewissenhaft beantworteten.
Doch eine Frage war fehlerhaft, eine zweite missverständlich – und es fand sich niemand, der dafür zuständig ist. Im Nachgang (bei sowas schreibe ich ja auch einfach mal eine eMail) stellte sich heraus, dass er uns in der Eile die alte Fassung gegeben hatte, in der aktuellen Version sind diese Fehler schon ausgemerzt.
Freude machten mir die im Herrenhaus geäußerten Gedanken meiner Kinder. Sie fanden es doof, dass sie gar nichts anfassen durften. Sie fragten sich, warum da zwei Museumswärterinnen herumstanden, wenn sie uns weder durch die Ausstellung begleiten, noch überhaupt in einem Raum mit uns sein durften. Sie bedauerten die Handwerker, die bei laufendem Museumsbetrieb einen Umbau durchführen. Sie diskutierten den offensichtlichen Wohlstand des Fabrikbesitzers und seiner „eingebildeten Zickentochter“, die auf einem Gemälde zu sehen war. Viel lieber hätten sie sich die Unterkünfte der Fabrikarbeiter angesehen. Und dann auch noch ein Jagdgewehr in einer Vitrine! Hat der Fabrikant etwa auch noch Tiere aus Spaß getötet? Hunger konnte ja wohl kein Grund gewesen sein, so füllig, wie er auf einem anderen Gemälde zu sehen war.
Traurig war zuletzt, dass die Dame am Empfang nur „gut gemacht!!“ sagen durfte, ohne den Kindern eine kleine Belohnung auszuhändigen, wie sie es gerne gemacht hätte, denn die Fragen waren richtig tricky.
Resümee: mehrere Tage Vorbereitung, mehrere Stunden Testung und An-/ Abreise für 30 Minuten Hands Off Museum und 15 Minuten Rallye. Die Kinder waren etwas angenervt, wollen aber trotzdem nochmal hin, um die Maschinen in Betrieb zu sehen. In das Haus von diesem „gemeinen Ekel“ werden sie aber keinen Fuß mehr setzen.
Notiz an mich selbst: Nicht nochmal, wenn etwas unerwartet gratis ist. Dafür gibt es einen Grund!
Sonst verderbe ich den Kindern noch alle Entdeckerfreude und verleide ihnen die Freude an Museen.
*Werbung? Ja, sicher! Durch Nennung der Firmen- und Behördennamen. Wir werden für deren Erwähnung nicht bezahlt.
Das überhaupt was offen war…
Ja, das hat mir auch erstaunt. Noch dazu Kultur! Dass Mammon weiter geöffnet bleibt, ist ja klar, aber Kultur, das ist gar nicht hoch genug einzuschätzen.