Meine Lieblings-Lektorin Amrei interviewte mich kürzlich für das neue Blog des Conrad-Stein-Verlages. Das ist der Verlag, für den ich die meisten meiner Wanderführer schreibe.
Unser Thema war
Wandern mit Kindern
Das Interview könnt ihr im Verlagsblog unter „Unterwegs mit Kind“ nachlesen.
Ich will euch etwas anderes erzählen. Und zwar, was mir während des Interviews durch den Kopf ging. Bei jeder Frage ploppten Erinnerungen und Bilder in meinem Kopf auf. Es war wie eine Zeitrafferaufnahme der letzten sechs Jahre.
Das hätte ich Amrei geantwortet, wenn ich nicht nach Empfehlungen, sondern nach Erlebnissen gefragt worden wäre:
Ab welchem Alter kann man mit Kindern wandern gehen?
Ab der Geburt.
Am Tag nach meiner Klinikentlassung machte ich mit der sieben Tage alten Aurelia im Tragetuch eine Recherchewanderung um den Otto-Maigler-See. Ich war vollkommen fertig – aber glücklich, dass ich nun das Manuskript abschließen konnte. Die Wanderung war eigentlich für das Wochenende vor Aurelias errechnetem Geburtstermin geplant gewesen, aber sie kam ja drei Tage früher.
Auch die Zwillinge wurden sofort mitgenommen. Zunächst trug ich sie in einer Zwillingstrage, das hatte aber schnell ein Ende, weil es mir zu schwer wurde und die beiden sich gegenseitig einengten. Ich schwenkte um auf zwei Tragen. Damit konnte ich sehr lange wandern, sogar länger als mit einer allein, denn sie hielten mich mit ihren Gegengewichten in Balance. Nur wusste ich dann nicht, wohin mit dem Rucksack für Wasser, Windeln und Proviant. Witzig: Schon als dreimonatige Minimäuse hatten sie ihre Vorlieben: Nele fühlte sich vorne wohler, Cari hinten. Oder fand eine mitleidige Seele, die mir eine der Mäuse abnahm, wie z.B. Silke bei unseren Eifeltouren im vergangenen Sommer. Oder ich transportierte die Mädchen im Buggy.
In Wanderpausen wurde gekrabbelt, egal wo wir waren. Hier diese Fotos zeigen Aurelia bei unserer Apenninüberquerung von Bologna nach Florenz, sie war sieben Monate alt und hatte richtigen Spaß unterwegs. Auch das Laufen übte sie ein paar Monate später im Apennin.
Nele lernte ebenfalls in Italien laufen und übte von morgens bis abends mit der Oma. Bei Cari machte es während unserer Eifelrecherchen „Klick“. Zuhause hatte sie sich lieber tragen oder schieben lassen. Bei den vielen Wanderungen verstand sie plötzlich, wozu Laufen gut ist und übte bei jeder Tour. Die arme Silke war ihr bevorzugter Übungspartner. Warum arm? Weil Silke größer ist als ich und sich deshalb noch tiefer zu Cari herunter beugen musste.
Sobald sie laufen konnten, wollten alle Mädchen auch kleine Strecken allein gehen. Davon habe ich sie nie abgehalten, auch wenn es meinen Zeitplan anfangs ziemlich über den Haufen warf. Nun wird einfach mehr Zeit eingeplant und das Leben mit drei zufriedenen selbst wandernden Kindern genossen.
Aber schon Ein- und Zweijährige entwickeln vollkommen verschiedene Arten zu wandern. Aurelia hielt sich beim Wandern gerne an ihrer Kinderkarre fest. Cari läuft immer noch gerne an der Hand und Nele lehnt seit dem ersten eigenen Schritt selbst in unwegsamem Gelände jede Hilfe mit einem „kann alleine!“ ab.
Was würdest du zum Wandern mit Kind empfehlen – (Gelände-)Buggy oder Trage/Kraxe?
Vorab ist es wichtig, gute Ausrüstung zu haben, mit der man auch ohne Denken klar kommt, wenn das Kind erbärmlich weint oder man ein Stück rennen muss, um den Bus zu erreichen oder das große Kind davon abzuhalten, in eine Gefahr zu rennen.
Im Laufe unserer Tragezeit habe ich viel Geld für so genannte Komforttragen ausgegeben, weil ich erst nach der Geburt der Zwillinge erfuhr, dass es Trageberaterinnen gibt, bei denen man eine große Auswahl zur Probe tragen kann. Mit Tragetüchern und Slings komme ich technisch nicht klar, bei Kraxen ist mir der Schwerpunkt zu weit hinten. Wer aber Fragen zu Bondolino, Buzzidil, Emeibaby, Ergobaby, Hop-Tye, Huckepack, Kokadi, Manduca, MilaMai und MySol hat: Ich kann bestimmt einige Tipps geben.
Bei den Fahrzeugen habe ich nicht herum experimentiert. Zuerst gab es einen TFK Buggy und einen zum Buggy umbaubaren Fahrradanhänger namens KidsTourer. Entscheidungskriterium war ein möglichst großes Vorderrad, um auch auf Waldwegen und Pfaden durchzukommen. Bei den Zwillingen wurde der alte Anhänger weiter verwendet und zusätzlich ein Zwillings-TFK zum Einsatz gebracht. Leider hat dieser viel kleinere Räder als der Einsitzer und ist deshalb nicht besonders geländegängig.
In erster Linie bedarf es für diese Entscheidung zwischen Buggy und Trage einer guten Vorkenntnis der Wegbeschaffenheit. Dabei hilft manchmal der Wanderführer, mit dem man unterwegs ist.
Das geht aber nicht, wenn man selbst Wanderwege recherchiert. Da liegt es in der Natur der Sache, dass man nicht weiß, wie der Weg beschaffen ist. Was haben meine Kinder schon im zartesten Kindesalter für Flüche gehört, die eindeutig nicht jugendfrei waren:
Auf dem Jakobsweg von Trier Richtung Vezélay waren wir in einem verregneten Mai unterwegs. An einem Tag blieben Herbert und ich mitten in einem 8 km langen Waldstück mit der Kinderkarre so tief im Schlamm stecken, dass es in den Wagen schwappte und die Räder zu zwei Dritteln versanken. Die von den Forstfahrzeugen erzeugten Furchen waren zum Teil tiefer, als meine Hunde hoch sind. Selbst zu zweit war das Schieben und Ziehen der Kinderkarre trotz ihrer riesigen Räder solch eine Schinderei, dass wir am Tag drauf einen Ruhetag einbauen mussten. Auch die Hunde waren vollkommen fertig, sie waren ja auch immer wieder sehr tief in den Boden eingesunken.
Mehrfach musste ich in der Eifel, auf dem Jakobsweg und auf der Via Francigena den Buggy über Stock und Stein schleppen.
Bei Vianden war ich froh, dass meine Mutter dabei war. So konnte ich zuerst ihr einen sehr steilen Berg hinab helfen, während Aurelia bei den Babys wartete. Nele konnte schon laufen, Cari stand kurz davor und beide kletterten furchtbar gerne. Allein wollte ich sie nicht einmal angeschnallt im Buggy lassen. Nun trug ich die Babys einzeln hinab zur Oma, danach half ich Aurelia und holte erst ganz zum Schluss den Buggy nach. Okay, ich war auch am Ende vollkommen groggy, weil ich dieses Steilstück fünfmal laufen musste, aber keiner kam zu Schaden.
Noch mehr hasse ich es aber, wenn ich mich für die Trage entschieden habe, mein Tragling und ich uns gegenseitig durch die Trage wie Heizöfen zum Schwitzen brachten – und sich am Ende der Tour herausstellt, dass die Strecke buggytauglich gewesen wäre. Auf der Via Francigena hinter Martigny hatte ich von meiner Recherche im Jahr 2010 noch einen schmalen Gebirgspfad in Erinnerung. Also ließ ich Aurelia und Nele bei meiner Mutter und nahm Cari in den Bondolino. Zwischenzeitlich war der Weg aber komplett geändert worden und führte auf geteerten Wirtschaftswege, ruhigen Nebenstraße und breiten Waldwegen an mein Etappenziel. Nur popelige drei Einzelstufen hätte ich überwinden müssen. Kein Grund also, sich sechs Stunden lang gegenseitig anzuschwitzen, bis sich auf unserer Kleidung und auf der Trage weiße Ränder bildeten!
Wenn ich allein mit nur einem Kind unterwegs bin, ist die Trage dennoch mein Transportmittel der Wahl, damit ich nicht irgendwo an einer Engstelle oder einem Steilstück mit meinem Transportfahrzeug auf der Strecke bleibe. In unwegsamem Gelände oder im Winter geht es oft nur mit der Trage. Grundsätzlich bin ich aber eindeutig lieber mit dem Buggy unterwegs, weil die Kinder mehr sehen, mehr Bewegungsfreiheit haben und ich keine Dauerbelastung auf der Wirbelsäule habe. Im Gegenteil: Ich brauche keinen Rucksack, weil ich alles im und am Wagen unterbringen kann.
Insgesamt muss ich aber bei jeder Planung davon ausgehen, mehr zu tragen, als gedacht. Selbst mit Buggy kann es sein, dass mein Kind lieber auf den Arm will. Oder die Strecke ist länger als gedacht und ich muss die Große auf dem Rücken tragen, weil beide Kleinen vorne im Buggy schlafen und deshalb kein Sitzplatz für die Große frei ist. Ich habe also auch im Buggybetrieb immer mindestens eine Trage dabei. Highlight in dieser Kategorie war eine Appeninüberquerung mit täglichem Quartierwechsel. Vor dem Abflug versicherte mir mein Partner, er werde den großen Rucksack mit dem Hauptgepäck tragen, während ich Aurelia vorn und den kleinen Rucksack hinten trage. Während der Tour kam er aber plötzlich nicht mehr mit seinem Rucksack zurecht, alles drückte, zog und kniff. Er wurde von Stunde zu Stunde immer grantiger und wollte die Tour sogar abbrechen. Also tauschten wir die Rucksäcke, sodass ich nun den großen schweren Rucksack UND Aurelia trug. Wie gut, dass wir wirklich nur das Nötigste eingepackt hatten.
Was muss man bei der Wegauswahl beachten, wenn man mit Kindern unterwegs ist?
Darauf kann ich leider bei meinen Recherchen keine Rücksicht nehmen. Sie müssen auch bei nicht so kinderfreundlichen Strecken mitkommen, wenn ich keine anderweitige Betreuung für sie finde. Dann liegt es an mir, sie bei Laune zu halten. Allerdings stellt sich dieser Punkt als sehr unproblematisch heraus, denn sie begeistern sich für fast alles: Schnecken, Frösche, Kiefernzapfen und vieles mehr. Ich versuche bei möglichst vielen Wanderungen auch Geocaches anzusteuern, das ist eine schöne Abwechslung. Und fast auf jeder Tour finden wir eine schöne Stelle, um im Wald oder im Wasser zu spielen.
Ganz wichtig ist bei der Auswahl des Weges für mich aber, dass ich einen maximalen (!) Stundenschnitt von 2 km/h einplane. Durch die Notizen fürs Manuskript, die Fotos und die Trackaufzeichnung bin ich ohnehin nicht so schnell, aber Kinder bremsen alles ungemein. Ich muss ja jedes Mal anhalten, wenn das Kind Hunger oder Durst hat, die Windel gewechselt werden muss, die Flasche aus dem Buggy geworfen wird, mir der Tragling die Brille von der Nase zieht und in die Botanik wirft, das Kind laufen will, das Kind zurück in den Wagen oder in die Trage will, es eine Raupe sieht, es einen Marienkäfer sieht, es einen Regenwurm sieht, es einen bunten Stein sieht, es eine Assel sieht, es einen Kiefernzapfen sieht, es eine Vogelfeder sieht, es eine Pusteblume sieht und noch eine Pusteblume und noch eine und noch eine und noch eine.
Alles in Ordnung, das Problem wird abgestellt bzw. das gesichtete Objekt genau betrachtet und fotografiert, manchmal auch gezeichnet (Aurelia) oder in die Hosentasche gesteckt (Nele) oder mir geschenkt (Cari). Bathida mag das gerne, sie hat dann viel Zeit, um wirklich jeder Spur nachzuschnüffeln.
Schwierig wird es nur, wenn wir unterwegs cachen. Aurelia ist so ehrgeizig, dass sie auch nach einer halbstündigen vergeblichen Suche nicht aufgibt. Wir sind deshalb im Juni (!) bei einer Tour abends erst im Dunklen zurück am Auto gewesen. Meine Schuld, ich hatte vor der Tour überlesen, dass der Cache schon zweimal nciht gefunden wurde, also wahrscheinlich gemuggelt worden war. Daraus habe ich für zukünftige Touren gelernt, vorher anhand der DNF-Logs genau zu schauen, ob die Dose auch wirklich vor Ort ist.
Brauchen Kinder extra Ausrüstung (Wanderschuhe)?
Ja, unbedingt! Ich will mit keinem Kind wandern müssen, das Blasen an den Füßen hat oder in regennassen Sachen friert!!!
Das ist teuer, denn für gute Wanderschuhe und wasserdichte Kleidung zahlt man gutes Geld. Und zwar unabhängig davon, ob es Größe 39, 30 oder 23 ist. Da alle meine Kinder aber meine Vorliebe für nackte Füße teilen, haben wir alle im Sommer eher gut sitzende Wandersandalen (die Kinder Keen, ich Teva) an den Füßen, gehen in der Übergangszeit auf Sportschuhe mit Wrightsocks über und nehmen nur im Winter Wanderschuhe. Einzige Ausnahme: Wenn wir über sehr unebenen Felsboden wandern, müssen auch im Sommer die überknöchelhohen Wanderstiefel an den Fuß, um nicht umzuknicken. Aurelia wandert auch sehr gerne mit Gummistiefeln, weil sie dann die Pfützen nicht umgehen muss. Darin trägt sie die anatomischen Socken von Falke und hatte nach einer Wanderung noch nie eine Blase. Sie hat aber keine Füße aus Stahl. Vor den Ferien war sie bei einer Freundin zum Spielen, durfte beim Verkleidenspielen deren Prinzessinenschuhe tragen und hatte keine 10 Minuten später zwei dicke schmerzhafte Blasen an den Fersen.
Stiefelchen haben wir im Winter von Stups und im Sommer von Crocs, am liebsten die Handle It mit den großen Griffen, die sogar schon Zweijährige allein an- und Ausziehen können).
Bei Regenwanderungen dringt nach unseren Erfahrungen (zum Glück auf Kurztouren) das Wasser durch die meisten Regen- und Matschanzüge,, bevor der letzte aus dem Auto oder dem Zug ausgestiegen ist. Die einzigen Anzüge, die bei uns wirklich dicht halten, sind die Matschanzüge und Schneeoveralls von Jako-o, und das auch nach einer vierstündigen Wanderung mit Dauerregen!
Ihr könnt euch vielleicht noch an meine Berichte von Mallorca erinnern. Aurelia wandert nach wie vor viel lieber bei Regen, als bei Sonne. Auch die Kleinen lieben die Regentropfen und Pfützen. Wir haben also viele Gelegenheiten, um diese Kleidungsstücke zu benutzen, sodass sich die teuren Anschaffungskosten schnell amortisieren. Also als wichtiger Tipp: Nie an Schuhwerk und Wetterschutz sparen, wenn ihr mit Kindern wandern geht.
Was sollte man sonst unbedingt mitnehmen?
Tja, diese Antwort kann sich wirklich nur jeder selbst geben. Bei meinen Kindern entsteht eine Packliste wie diese: Essen, Essen, Essen, Wasser, Wasser, Wasser, Windeln, Feuchttücher, Taschentücher, Tüten, Dosen und andere Behälter für Fundstücke, Taschenlampe/Stirnlampe, GPS, Lupe, Walkie-Talkies, Kulis, Notizblock zum Malen, Sonnenhut, Sonnencreme, Insektenschutz, Ersatzklamotten, Ersatzbrille, Geld für Eis, Wasser, Wasser, Wasser, Essen, Essen, Essen. Während ich beim Wandern kaum Hunger habe und viel weniger esse als zuhause, benötigen meine Mädels an der frischen Luft ein vielfaches ihrer normalen Rationen.
Welche Snacks & Getränke für unterwegs empfiehlst du?
Ich denke gerne an Wanderungen zurück, als die Kinder noch klein waren. Ich hatte immer Frucht- und Gemüsebrei in Quetschbeuteln dabei, die sind leichter und unempfindlicher als Gläschen. Wenn ich welche von Fruchtbar (jufico GmbH), nehme ich diese sehr gerne, denn diese Firma nimmt die Tüten zurück und lässt daraus in Werkstätten für Menschen mit Behinderung Taschen herstellen. Das nenne ich ‚mal tolles Direkt-Recycling!
Aber wenn diese abgelehnt wurden oder schon verzehrt waren, gab es immer noch Muttermilch fürs Kind: stets verfügbar, korrekt temperiert, ebenfalls Null Müll und genauso lecker! Ich habe auf Baumstämmen, Wurzeln, Felsen, Parkbänken und Brunnenrändern, in Friedhofskapellen, Bushaltestellen, Cafés, Forsthausruinen, Höhlen und Unterführungen, unter meinem Regenponcho und zwischen neugierigen Dachsen gestillt. Letzteres war eine besonders schöne Erfahrung, denn ich konnte nur still sitzen bleiben und den Dachsen beim Beobachten zusehen, während Cari trank. Hätte ich versucht, sie zu fotografieren, wären sie bestimmt weg gerannt.
Unterwegs trinken wir Wasser. Auch die Kinder bedienen sie sich am liebsten an meinem Saufsack, sodass ich seit etwa zwei Jahren bei längeren Touren zwei dieser Trinkblasen – wie sie korrekt heißen – dabei habe. Seit Mitte August hat Aurelia nun ihren eigenen Saufsack und zerrt mich nicht mehr ständig an der Saufsackschlauch-Leine durch den Wald. Ob er etwas taugt, werde ich am Ende dieser Wandersaison berichten.
Ansonsten wandert bei uns alles in den Rucksack, was meinen Kindern annähernd als essbar erscheint: Nach wie vor Quetschies, dazu aber auch Müsliriegel, Würstchen, kalte Chicken Nuggets, Croissants, Äpfel, Bananen, Melonenwürfel, M&Ms, Zwieback, Kekse, Beef Jerkeys, Möhren, Lutscher, Gurken, Cocktailtomaten, Kohlrabi, Salzstangen, Chips, Joghurt, Nutellagläser, Smoothies, Gummibärchen, Schokolade, Salzkartoffeln vom Vortag – und eigenhändig belegte Brote. Die Konsistenz von früh morgens geschmierten Rosinenbrötchen mit Erdbeermarmelade oder ungetoastetem Toast mit Nutella am späten Nachmittag ist unbeschreiblich. Das Produkt wird dann mit dem Löffel gegessen.
Meine liebste Erinnerung war eine Dose Baked Beans. Aurelia weiß, dass ich sie in Großbritannien gerne zum Frühstück esse, entdeckte sie im Schrank und warf (!) sie mit in den Rucksack. Sehr fürsorglich und lieb gemeint. Seither benutze ich für die Bananen diese speziellen Bananendosen…
Dürfen Kinder auch schon selbst einen Teil des Proviants/der Ausrüstung tragen? Und wenn ja: wie viel ungefähr?
Unbedingt! Meine Kinder sind schrecklich stolz, wenn sie mit einem eigenen Rucksack unterwegs sind. Ich muss allerdings immer eine Inhaltskontrolle machen, weil die Rucksäcke sonst viel zu schwer werden. Man muss ja unbedingt auf eine Wanderung Stofftiere, Autos, Barbiepuppen, Legosteine, Murmeln, Flummis, Bücher, Kartenspiele, 27 Spangen und Haargummis, Spielgeld, und vieles mehr mitnehmen. Sie können kaum aufrecht damit stehen, aber sind der festen Überzeugung, es sei eine gute Idee, dieses Gewicht auf die Distanz zu tragen. Wir einigen uns dann immer auf ein Stofftier und ein weiteres Spielzeug und schon ist der Rucksack aufnahmebereit für all die Fundstücke wie Federn, Steine, Zapfen, Zweige,…, die unterwegs mitgenommen werden.
Wie hält man Kinder unterwegs bei Laune?
Mit allem, was ihnen Spaß macht natürlich!
Das ist dusseligerweise nicht immer etwas, das mir auch Spaß macht.
Zum Beispiel mit dem letzten Satz Wechselklamotten an einer Viehtränke spielen – oder – der Zwillingsschwester die Haare einzeln herausziehen, bis sie aufwacht und weint – oder – mit Kuli alles an nackter Haut zu bemalen, was erreichbar ist – oder – in der Rückentrage sitzend das Experiment „Wie viele angekaute Gummibärchen passen in Mamas Pferdeschwanz?“ durchführen – oder – jedes erreichbare Teil aus dem Wagen werfen – oder – oder – oder.
Aber wir finden oft genug einen gemeinsamen Nenner: Geocaching, Singen, Spielen, Fotografieren, Funken, Balancieren, Bäche stauen, Tiere beobachten, Pusteblumen pusten und einiges mehr gefällt uns allen.
Hier macht allenfalls die Dosis für mich das Gift. An einem heißen Tag im Juni sang Cari bei einer dreistündigen Wanderung unentwegt „ABC, die Katze Lilli Schnee!“. Ich Idiot hatte sie bei der ersten Intonation gelobt, weil sie ABC buchstabieren konnte und so schön die Melodie traf. Nicht berücksichtigt hatte ich dabei, dass sie wirklich nur diese einzige Zeile kannte und diese in einer Endlosschleife wiederholte. Am Ende musste ich tief durchatmen, um meine Mutter nicht anzupflaumen, wie sie es wagen kann, dem Kind bei 35 Grad im Schatten Winterlieder beizubringen.
Ich bin hingegen ziemlich schmerzfrei, wenn Aurelia Stunde um Stunde „Ich sehe was, was du nicht siehst“ mit mir spielen will. Die Landschaft verändert sich ja, und so kommen immer wieder neue Suchobjekte ins Blickfeld. Manchmal folgt dem „…und das ist rot“ ein „schnell, schnell!“ wenn es sich um eine Regionalbahn auf der anderen Talseite handelt. Lachen musste ich, als sie einmal nach dem „…und das ist…“ lange überlegte, offenbar ein Objekt fand, dann die Schultern fallen ließ den Satz mit „…weg!“ beendete. Wir spielen das Spiel in einigen Varianten. Wenn uns die Farben zu langweilig werden, nehmen wir Formen „…und das ist dreieckig“ oder Geräusche „…und das ist piepsig“ hinzu. Die bisherige Höchstleistung war eine Raterunde mit Gerüchen. Wir waren an einer Talsperre unterwegs und versuchten, uns gegenseitig die Gerüche von blühendem Flieder, einer Kläranlage, Omas Eau de Toilette, einer frisch geschälten Mandarine, einem Hundehäufchen, gemähtem Gras und einer Tasse Kaffee im Seecafé zu erklären, ohne das jeweilige Wort in der Geruchserklärung zu verwenden. Gar nicht leicht. Das Spiel war beendet, als Aurelia mir das Rätsel aufgab „Ich rieche was, was du nicht riechst – und das ist braun und in Neles Windel!“
Am liebsten aber helfen mir alle drei bei meiner jeweiligen Recherche. Eine echte Aufgabe zu haben, oder dies zumindest zu glauben, ist ihnen noch lieber, als einfach nur zu spielen. Ich habe Dutzende Fotos, auf denen eines der Mädels wichtig dreinschaut und dabei fotografiert, in meinem Notizbuch malt oder die Karte studiert.
Die Fotos werden manchmal sogar erstaunlich gut, denn es ist ja zwangsläufig ein Perspektivwechsel damit verbunden. Aurelia war grade einmal zwei Jahre alt, als das erste von ihr geschossene Foto es in eins meiner Bücher schaffte. Sie hatte aus der perfekten Froschperspektive fotografiert.
Sie liebt es auch, voranzugehen und nach der nächsten Wegmarkierung zu suchen. In der Schule gibt es auf dem Weg zum Waschraum oder zur Kantine dafür die Funktion des Lineleaders. Das ist wohl eine Auszeichnung, die nur braven Kindern zuteil wird, jedenfalls ist sie immer sehr stolz, wenn sie unser Wandergrüppchen anführen darf.
Da Bathida – als inzwischen einziger Hund im Rudel – der Auffassung ist, sie sei nun die Leitwölfin, und sie müsse stets vorweg laufen, ergeben sich aus dieser Interessenkollision oft lustige Wettrennen zwischen Hund und Kind.
Was ist die größte Herausforderung beim Wandern mit Kind? Und was ist der größte Fehler, den man machen kann?
Hier wurde ich auch im Interview persönlich, kann es also stehen lassen:
Die größte Herausforderung ist für mich, dass meine Kinder am Ende der Wanderung gut gelaunt sind und sich auf die nächste Wanderung freuen. Dazu darf ich sie unterwegs weder über- noch unterfordern. Mich selbst aber auch nicht, weil ich dann schlechte Laune habe, die sich auf meine Kinder überträgt.
Niemals sollte man seine eigenen Bedürfnisse auf seine Kinder übertragen. Sie haben ganz andere Erwartungen an die Wanderung als Erwachsene. Ein „hinreißender Panoramablick“ ist für viele Kinder zum Gähnen und ein „idyllisches Dorfzentrum“ ist ihnen vollkommen egal – außer es gibt dort eine gute Eisdiele!
Werbung? Ja! Durch Nennen und Zeigen von Marken und Produkten
Hallo ihr lieben,
Jaaaa, ich wiederhole mich: Wo bleibt dein Buch! Ich liebe diese Geschichten und bewundere dich grad noch viel mehr, wie du das alles mit den 3 Kids meisterst. Ich würde mir keine Wanderung mit Kind in Trage oder Buggy zutrauen! Respekt!!
Ich habe ja nun schon alles mitgemacht: Wanderung nur wir beide (von Luca nach Siena) Wanderung mit einem Kind (Eifel Nord/Rotweinwanderweg) Wanderung mit drei Kindern (Eifel Süd) und natürlich wo es immer ging mit den Hunden. Mal abgesehen von dem ganzen organisatorischen und logistischen Aufwand bewundere ich deine Geduld. Mit den Kindern und mit deinen Mitwanderern. Ja ich stimme zu es wird langsam Zeit das du darüber ein Buch schreibst.