Drei für Besucher zugängliche Höhlen kenne ich im Bergischen Land. Sie sind so verschieden in Größe, Geologie und Impressionen, dass es sich lohnt, alle drei anzusehen.
In Wiehl gibt es eine Tropfsteinhöhle, in Ründeroth und Ennepetal wird der blanke Fels nicht von solchen Ablagerungen überdeckt.
Auch die Art der Führung ist ganz unterschiedlich. Während unserer Recherchen haben wir je eine Führung mit (1) einem motivierten, (2) einem vollkommen übermotivierten und (3) einem total unmotivierten Führer erlebt. Da ich alle Höhlen aber schon mehrfach besucht habe, weiß ich, dass dies Momentaufnahmen sind. Jeder Führer ist anders. Ein gelernter Geologe wird seine Schwerpunkte anders setzen als ein Biologe, ein Erlebnispädagoge, ein jobbender Student, eine Heilpraktikerin oder ein als Krankheitsvertreung eingesprungener Rentner.
Tropfsteinhöhle Wiehl
Zuerst fällt auf, dass die Höhle keine eigene Homepage hat, sondern irgendwie einem Waldhotel gehört. Da wundert es nicht, wenn der Höhlenführer die Gruppe auf einer Kellertreppe des Hotels in die Tiefe führt. Bis es so weit kommt, muss man auf die nächste Führung warten. Ich hatte dafür noch 45 Minuten Zeit, es regnete in Strömen und es war Mittag, also suchte ich das Restaurant des Hotels auf. Die Bedienung war freundlich, das Essen gut, die Preise zivilisiert.
Bei der Führung erfuhren wir Besucher, wie Tropfsteine entstehen. Stalagmiten und Stalaktiten kannte ich ja schon länger, ebenso Vorhänge/Gardinen, Wasserfälle und Säulen. Dass man diese auch „Stalagnat“ genannt werden, war mir allerdings neu. Gut war auch die ungefragte Erklärung, dass sich bei starkem Wasserfluss der Kalk eher unten anlagert und Stalagmiten bildet, während bei langsamem Wasserfluss eher Stalaktiten entstehen. In 1000 Jahren wächst ein Zentimeter Tropfstein in dieser Höhle.
Während der Führung erklärte der Höhlenführer außerdem die Entstehung der Höhlenflora um die Beleuchtung herum. Es ist ja schon Wahnsinn: Im Garten gehen manche Pflanzen ein, wenn sie von einem Baum zu sehr beschattet werden und da unten wachsen ohne jedes Tageslicht grüne Moose, Farne und Flechten.
Einige Stellen sind mit Kristallen bedeckt, die im Schein einer Taschenlampe schön glitzern. Das ist für Kinder viel spannender bei dieser Führung als die Tropfsteine. Mit Fantasie lassen sich zwar Haifischzähne, Wasserfälle, Dinos, eine Schildkröte und ein Elefantenkopf entdecken. Aber es braucht mehr Fantasie, als die an dieser Führung teilnehmenden Kinder (zwischen 1 und 12 Jahre) Geduld hatten. Und wer andere Tropfsteinhöhlen kennt, ist enttäuscht von den kleinen Tropfsteinchen hier.
Die 45-Minuten-Führung war nach 31 Minuten zuende.
Tropfsteinhöhle Wiehl, Eintritt 4,50 Euro, Kinder 4 Euro. Hunde, die sich nicht fürchten, dürfen mit in die Höhle, wenn Herrchen/Frauchen vorher eine längere Hunderunde zum Entleeren des Hundes macht.
Aggertalhöhle Ründeroth
Nur Donnerstags bis Sonntags ist diese Höhle geöffnet. Das führte zu einer vergeblichen Anfahrt meinerseits. Das „nur“ nehme ich aber sofort zurück, nachdem ich erfahren habe, dass die Führungen von ehrenamtlichen Kräften gestemmt werden. Meine Hochachtung für so viel Engagement.
Schon vor der Führung erhielt ich viele Informationen über die Entstehung des Bergischen Landes, über Höhlenbildung und versteinerte Riffs im Allgemeinen und die Aggertalhöhle im Speziellen. Der aufgefaltete Meeresboden eines tropischen Flachmeers mit seinen Schichten, Bögen und Verwerfungen ist eindrucksvoll. Kommentar meiner zweisprachigen Tochter: „My gosh! Is was under the sea and now it is under the Felsen im Wald!“
Ausgerechnet in dieser Höhle mit nur ganz wenigen Mini-Tropfsteinchen erfuhr ich, dass man an der Farbe eines Tropfsteins erkennen kann, ob er noch wächst oder seine Wasserquelle versiegt ist. Ein Tropfstein, der nicht mehr weiter wächst, wird dunkler. Dass es hier so wenig Tropfsteine gibt, liegt am säurehaltigen Wasser, das den Kalk beseitigt – wie Zitronensäure in der Kaffeemaschine!
Die Höhlenführerin zeigte an eine Engstelle, durch die wir alle hindurch schlüpfen sollten. An der Wand entdeckten wir eine Gewichtsbeschränkung, die einer der Besucher lobte. Die Führerin konterte, dass sie solche Malereien gar nicht für nötig erachtet, „denn alles, was nicht Knochen ist, passt fast überall durch“.
Zur Bekräftigung erzählte sie die Geschichte des korpulenten Pfarrers, der zufällig in der Nähe war, als dieser schmale Gang entdeckt wurde. Er wollte auch unbedingt diesen Gang ansehen, obwohl dieser an einer Stelle nur 30 cm breit ist, blieb darin stecken, musste mit Butter eingeschmiert und mit viel Anstrengung daraus befreit werden.
Hach wie schön, genau diese Anekdote kenne ich aus mehreren walisischen Caves und einer schwäbischen Höhle. Es geht dabei fast immer um einen Pfarrer. Manchmal ist es ein Pfarrer aus dem Nachbardorf. Einmal war es ein durchreisender Mönch. Mehrmals habe ich die Geschichte auch mit dem Dorfpfarrer gehört. Den konnte keiner im Dorf leiden und er wurde absichtlich in diese Felsfalle geführt. Wie geplant, blieb er darin stecken und jammerte sehr. Mit Fett und kräftigem Ziehen und Schieben kam er wieder frei. In der einen Erzählung wurde der Geistliche nur geschoben und gezogen, in der nächsten musste er sich ausziehen, in einer anderen wurde er mit Fett eingerieben. Das ist wahrscheinlich nichts weiter als eine urban legend.
Spannend ist der Pastorengang trotzdem. Während die Kinder einfach hindurch schlüpfen, muss ein Erwachsener schon überlegen, ob er gerade oder quer geht und wohin er seinen Kopf dreht. Aber ihr braucht alle keine Sorgen zu haben, wenn ihr die Höhle besichtigt. Selbst mit Kleidergröße 44 passe ich ganz bequem hindurch.
Einmal im Monat werden Spezialführungen namens Aktions-Samstag angeboten. Das kann eine geführte Meditation in einer der Höhlen sein oder ein Termin für Fotografen mit Tipps für gute Stativ-Standorte. Ich habe mich für Oktober eine geologische Führung mit dem Namen „Höhle intensiv angemeldet. Bei der Befahrung der etwas netteren Teile der Aggertalhöhle, die der Öffentlichkeit sonst nicht zugänglich sind, wird die Geologin Dr. Tanneberger jede Menge Wissen vermitteln, je nach Interesse der Besucher mit mehr Gewicht auf der Geologie oder auf der Erdgeschichte legen.
Ich freu mich schon wie bekloppt auf diesen Termin. Ein Ausflug nur für mich, noch dazu eine perfekte Kombination aus Lernen und Caving!
Aggertalhöhle, Eintritt 4,50 Euro, Kinder 3,50 Euro. Hunde sind nicht erwünscht, ein Teil der Führungsstrecke ist sogar mit Rollstühlen befahrbar.
Kluterthöhle Ennepetal
Vor dem Aussteigen am Zielort musste ich mich erst einmal bei meinem Navi entschuldigen. Als es „Ziel erreicht!“ sagte, lachte ich nur trocken auf und fuhr weiter. Ich passierte grade einen riesigen Betonbau im Stadtzentrum von Ennepetal. Das Navi blieb stur und führte mich auch im nächsten Anlauf an diese Stelle. Mein Anraunzer „Du spinnst! Höhlen liegen im Wald. Hier ist nix!“ war im Auto noch nicht verhallt, da sah ich einen Wegweiser. Er führte durch den Betonbau die Treppe hinauf über eine Straße hinweg direkt ins Grüne und zum Höhleneingang.
Dort wunderte ich mich über die Besucher, die mit dicken Wintersachen, Buch und Schlafsack ihre Tickets kauften. „Naja, jeder Jeck ist anders“, dachte ich bei mir und erlag dem zweiten Irrtum dieses Tages. Die Leute waren nicht jeck, sondern Kurgäste. Die Kluterthöhle ist nämlich bei Asthmatikern und Allergikern sehr beliebt. Zwei Stunden Entspannung auf einer der Liegen, dick eingemummelt und entspannt, bringt echte Fortschritte bei diesen Erkrankungen.
Bei einer „normalen“ Führung – sie heißt „erste Einfahrt“ – lauft ihr fast einen Kilometer durch ein ehemaliges Korallenriff mit Versteinerungen von Schwämmen, Muscheln, Korallen und Stromatoporen. Mir hätte es überhaupt nichts ausgemacht, wenn der Höhlenführer erklärt hätte, was Stromatoporen sind. Er hatte so viel zu erzählen, dass ich erst an einer Felswand, in der er auf eine besonders schöne Stromatoporen-Versteinerung zeigte, eine Ahnung davon bekam, dass es sich um etwas Schwammähnliches handeln könnte. Gut getippt, Wikipedia bestätigte mir dies zuhause und so konnte ich es auch meinem Kind erklären. Das war begeistert. „Also ist das so, als würde Spongebob in 300 Millionen Jahren versteinert in einem Fels stecken!“. – „Ja, so ungefähr, mein Schatz!“ Die Kluterthöhle ist schon 385 Millionen Jahre alt und ich bezweifle, dass sich dieser Hibbel von Spongebob überhaupt lange genug ruhig verhalten könnte, um zu versteinern. Aber die wissenschaftliche Grundlage der Versteinerung hat sie wohl verstanden.
Bei der regulären Führung erfährt man außerdem einiges über die Entstehung der Höhle und ihre Nutzung während des Zweiten Weltkrieges. Die 45-minütige Führung dauerte 55 Minuten.
Bei meinem Recherchebesuch durfte ich aber schon in den neu ausgeleuchteten Teil der Höhle, in dem eine Lightshow den Höhepunkt der Führung „Fossilienreise“ bildet. Mein Favorit war der Nautilus, er wird in Deutsch Perlboot genannt und war ein gebogener Kopffüßler.
Hier gibt es sogar mehr als einmal im Jahr Erlebnistouren (8 Euro) abseits der geebneten Wege, bei denen man sich richtig schön schmutzig machen kann. Das Mindestalter dabei ist 8 Jahre, ich werde damit aber vermutlich nicht warten, bis Aurelia alt genug ist. Wer sportlicher ist als ich, kann sogar eine XX-treme Tour ab 16 Jahre (60 Euro) mitmachen. Vorher werden wir eine Piratenführung mitmachen, das geht schon ab 4 Jahre.
Kluterthöhle, Eintritt 6 Euro, Kinder 4 Euro. Wegen der Allergien der Kurgäste sind in der Höhle keine Hunde erlaubt.
Fazit:
Ein winziger Teil meines Fernwehs nach Wales kann ich wohl doch vor meiner eigenen Haustür in unter einer Stunde Fahrt befriedigen. Fehlen nur noch Zeit, Geld und Mut, um dies auch umzusetzen.
In allen Höhlen werden Kindergeburtstage und Schatzsuchen angeboten. Wer einen ausgefallenen Ort für sei Ja-Wort sucht, kann in der Tropfsteinhöhle und in der Kluterthöhle sogar heiraten.
Ich habe bewusst nur das aufgeschrieben, was ich mir während der Führung gemerkt oder notiert habe. Über alle Höhlen gibt es viel mehr zu erzählen und nachzulesen. Aber das war den Höhlenführern nicht wichtig genug zum Erzählen oder mir nicht wichtig genug zum Merken oder Notieren.
Wir waren vor zwei Jahren nördlich von Kavala (Griechenland/Makedonien) in einer Tropfsteinhöle. Wunderbar, die Lichtreflexe. Unser Hauptproblem war dann als wir nach einer knappen Stunde wieder in die über 30° warme Aussenwelt kame, da merkt man erst mal wie kalt es drinnen war.
Wat denn? du kennst die Attahöhle nicht? http://www.atta-hoehle.de/index.php?id=3 Oder ist das schon Sauerland? Ich liebe Höhlen!
Kenn ich, is aba schon Saualand