Gesponsert* Als ich im Juli eine Einladung zu einem Wochenende in Oberhof für Wanderblogger erhielt, schrieb ich ja noch unter der Überschrift Fernweh nach Thüringen?, dass ich leider nicht daran teilnehmen kann. Eine 5 1/2 stündige Wanderung mit meinen Mäusen auf dem Rennsteig mit flinken Wanderbloggern hätte bei ihnen und uns nur zu Stress geführt. In Gedanken war ich am letzten Augustwochenende bei den Wanderbloggern und las ihre Blogs. Besonders gut hat mir Juttas Zusammenfassung bei Ich…einfach unterwegs! gefallen.
Martina, die Organisatorin des Treffens, richtete es dann völlig überraschend ein, dass ich mit Minimäusen, Wuffel und Oma einen Monat später Oberhof erkunden konnte.
Wir freuten uns auf den Thüringer Wald und trällerten bereits beim Ostsee-Urlaub mehrfach das Rennsteiglied. Natürlich wollten wir auf dem Rennsteig wandern, er ist immerhin der älteste Weitwanderweg Deutschlands und an etlichen Stellen sogar buggytauglich. Dass wir Pech mit dem Wetter hatten, tat unserer Freude an dem Weg keinen Abbruch. Den Kindern zuliebe beschränkte ich das Wandern auf ein Minimum. Wir wanderten gerade so weit, dass ich noch guten Gewissens von einem Ausflug als Wanderblogger sprechen konnte. Das Hotel und die Gegend haben auch bei ungünstigem Wetter viel zu bieten.
Ein Hotel wie ein Tannenbaum
Gastgeber des Bloggerwochenendes war die H-Hotels-Gruppe, zu der auch „das Pano“ gehört. So nennen die Oberhofer ihr Treffhotel Panorama Oberhof. Erwachsene erkennen in der ungewöhnlichen Architektur zwei Skisprungschanzen. Aurelia, die noch nie eine Sprungschanze gesehen hatte, verglich die Form (von der Straße aus gesehen) mit einem Tannenbaum. In jedem Fall ist es ein auffälliger Bau, der das Ortsbild Oberhofs dominiert.
Von den über 400 Zimmern und 80 Apartments mit über 900 Betten erhielten wir ein fantastisch großes Familienzimmer. Zwei Zimmer mit Doppelbett und ein Zwischenzimmer mit Schlafcouch boten Platz genug für uns alle. Sie sind um das Bad herum angelegt. Das gefiel den Kindern, sie konnten immer im Kreis herum Nachlaufen spielen, während Bathida Schutz hinter der Badewanne suchte, meine Mutter durch die TV-Programme zappte und und ich die Reisetaschen ausräumte. Auf jeden Bett lag eine kleine Überraschung: Bärchen mit Schlafmütze für die Kinder, Halstücher mit Hotellogo für die Erwachsenen. Wie praktisch, vielen Dank!
Eine nette Dame an der Rezeption erklärte mir später, dass das Hotel wohl schon 1969 eröffnet und gleich darauf wieder geschlossen wurde. Es gab ein Problem bei der Dachkonstruktion, denn der jugoslawische Architekt hatte die Windverhältnisse hier oberhalb von 800 m ü.N.N. ziemlich unterschätzt. Anfangs war den Einheimischen der Zugang verboten, denn es war ein Interhotel, in dem nur internationale Gäste und DDR-Prominenz wohnen durften. Später erzwang Honecker, dass 80 Prozent der Zimmer für den Gewerkschaftsbund FDGB vorbehalten sein mussten.
Inzwischen gehört das Hotel zu den H-Hotels und wird so gründlich renoviert, dass sich die Dame nicht sicher war, ob sie von Restaurierung oder Sanierung sprechen sollte. In jedem Fall gibt es noch viel zu tun, bis nicht mehr aus jeder Mauerpore der DDR-Charme strömt. Doch daran stören sich wohl die wenigsten Gäste. Bei vielen hatte ich sogar den Eindruck, sie fühlten sich besonders wohl, weil es hier und da noch so herrlich DDRig ist.
In diesem Hotel gibt es die üblichen Konferenzräume, Fitness- und Wellness-Einrichtungen. Außerdem eine Minigolfanlage, einen Indoorspielplatz und ein jederzeit zugängliches Spielzimmer für Kinder unter 3 Jahren. Das wurde von meinen Mädels schon ausgiebig erkundet und bespielt, während ich noch eincheckte. Das war sicherlich auch der Plan der Hotelleitung, denn bunte Schuhabdruck-Aufkleber führen von der Rezeption auf direktem Weg zu diesem Spielzimmer. Wie schön, die Bewegung tat allen gut, nach dem langen Sitzen im Auto.
Tanzprogramm im Panorama-Restaurant
Eigentlich sollten wir im A la Carte-Restaurant „Thüringer Stube“ zu Abend essen. Das wurde aber zwischen Buchung und Rezeption oder Rezeption und Restaurant falsch kommuniziert, die Thüringer Stube war gesteckt voll, sodass wir am Ende ins Panorama-Restaurant geschickt wurden, um überhaupt noch etwas zu essen zu bekommen.
Dort hatte der allwöchentlich am Freitag- und Samstagabend stattfindende „Tanzabend mit stimmungsvoller Livemusik“ *hüstel* schon begonnen. Dutzende Senioren, davon 80 % weiblich, schoben sich begeistert und voller Inbrunst über die kleine Tanzfläche. Die Einmannkapelle spielte Schlager aus West und Ost, die Stimmung der Tanzenden war prächtig. Meine Mutter und ich hatten gar keine Gelegenheit, uns über die Musik, die Übersichtlichkeit des Buffets oder das lauwarme Essen zu wundern. Denn erst einmal mussten wir überhaupt noch einen freien Platz zum Essen zwischen all den Tanzgästen finden und später die drei Mädels davon abhalten, allzu heftig zwischen den Tanzenden abzurocken. Ihnen gefiel nämlich die Möglichkeit, während des Abendessens zu tanzen, ausnehmend gut.
Ein peinliches Detail mag ich euch nicht verschweigen: Als „Alice“ gespielt wurde und alle Tanzenden voller Inbrunst mitsangen, war ich die Einzige, die „Who to fuck is Alice?“ in die Luftholpause der Einmannkapelle rief. Oh, wie peinlich! Der Musiker grinste mich an, alle Senioren schauten mich fragend, erstaunt oder entsetzt an. Bevor ich die Zeit hatte, rot zu werden, tröstete mich Aurelia mit „Mama, die können vielleicht kein Englisch!“ Och, Liebes, du bist soooo süß!
Ein Herr am Nebentisch sprach mich daraufhin an und verriet mir, dass genau dasselbe seinem Sohn auch schon passiert sei. Er selbst war mehrfach im Jahr Gast im Pano und nannte diesen Tanzabend „Mumien-Schieben“. Ich konnte ihm nicht widersprechen. Eine halbe Stunde später waren wir irgendwie satt und bereit für die abendliche Hunderunde mit Bathida. Die Kinder trennten sich nur schwer von der Tanzfläche. Am Musikgeschmack meiner Töchter muss ich aber noch arbeiten, die tanzen mit der gleichen Begeisterung zu DDR-Schlagern wie zu Hardrock oder Kinderliedern.
Kulinarische Genüsse
Unser Samstag begann mit einem kräftigen Frühstück. Zum Glück gab es unter den Servicekräften eine so nette wie besorgte Dame, die mir zu einem Schwarztee verhalf und dafür sogar in die Thüringer Stube gehen musste und außerdem eine ganz lustige Dame, die Eier, Brot und Wurst auffüllte, sonst hätte ich mich sehr an unsere DDR-Reisen in den 1970er und 1980er Jahren erinnert gefühlt. Auf allen freien Tischen standen Reservierungsschilder. Also frage ich eine uniformierte Dame, ob sie uns bei der Tischsuche helfen könne. „Nein,“ bellte sie, „Sie sehen doch, dass alles voll ist!“. Ich sprach eine Kollegin an, die uns einen Tisch am anderen Ende des Speisesaals zuwies. Kaum dass ich für die Kinder etwas Essbares und für meine Mutter einen Kaffee beschafft hatte, mussten wir den Tisch verlassen. Eine dritte Bedienung verscheuchte uns. „Sie sehen doch, dass er für acht Personen ist, sie sind nur zu fünft!“ – „Aber die Kollegin hat doch gesagt, wir sollen uns hier hinsetzen.“ – „Die hat doch keine Ahnung! Setzen Sie sich an diesen Tisch!“ – Kein „bitte“, kein „tut mir Leid“. Der neu zugewiesene Tisch war zum Glück gleich der übernächste, wir mussten also unser Frühstück nicht allzu weit tragen. Aber auch dieser Tisch hatte acht Plätze. Kaum saßen wir, erschien eine vierte Kollegin, um ein Rentnerehepaar auf zwei der drei freien Plätze zu platzieren. Nicht ohne die Frau darauf hinzuweisen, dass sie ihre Handtasche nur so lange auf den freien Platz stellen dürfe, wie er frei blieb, denn sie werde den nächsten Einzelgast dort platzieren. Hach, herrlich, wir kamen und vor wie in einem Biergarten oder einer Jugendherberge. Das Ehepaar war nett und wir kamen schnell ins Gespräch. Sie amüsierten sich darüber, dass wir Baked Beans on Toast aßen und schon sprachen wir über unsere Reisen auf die Insel und ihren Wunsch, auch einmal nach England, Schottland und Wales zu reisen. Leider trauten sie sich nicht, weil sie in der Schule kein Englisch gelernt hatten. Dafür kannten sie sich in Russland sehr gut aus und konnten mit meiner Mutter über ihre Flusskreuzfahrt auf der Wolga sprechen.
Nach dem Frühstück starteten wir zu unserer ersten kleinen Rennsteigwanderung. Natürlich hatte mir Aurelia mein Begrüßungs-Halstuch abgeschwatzt und konnte es bei dem kalten Wind auch gut brauchen. Eine zweite Rostbratwurst verkniffen wir uns, weil wir als nächstes Ziel die Nougatfabrik Viba in Schmalkalden ansteuern wollten. Mit unserer Oberhof Card (Kurkarte) bekamen wir dort sogar ermäßigten Eintritt. Über die Besichtigung schreibe ich in den nächsten Tagen noch. Danach gab es für Oma im Restaurant neben dem Fabrikverkauf einen „Kloß mit Soß“ von der Kinderkarte. Mit Kinderbesteck (!), weil die Bedienung sonst in der Küche aufgefallen wäre. Denn eigentlich darf sie Erwachsenen keine Gerichte von der Kinderkarte servieren. Meine Mutter bedankte sich mit einem üppigen Trinkgeld, denn sie hatte sich schon genauso auf die Hütes (Thüringer Klöße) gefreut, wie ich auf das Viba-Nougat und die Rostbratwürste.
Sportlicher Ausgleich
Wieder zurück am Hotel blieb meine Mutter mit einer Illustierten bei den schlafenden Minimäusen im Auto, während Aurelia und ich den Indoor-Spielplatz erkundeten, der für Hotelgäste gratis ist. Hüpfburg, Kletterparcours und Trampolin besuchte sie allein, beim Basketball durfte ich Tipps geben und beim Fußball wurde ich Opfer ihrer schmerzhaften Querpässe. Besonders angetan hatten es ihr die Mini-Motorräder. Wie schön, vielleicht macht sie ja später auch einmal den Motorradführerschein.
Nach gut einer Stunde schliefen die Kleinen immer noch, Aurelia hatte aber keine Lust mehr und es war auch schon Abendessenzeit. Diesmal war noch genau ein Tisch in der Thüringer Stube für uns frei. Wie schön! Am Nebentisch saß ein fünfjähriges Mädchen namens Emma, mit dem sich Aurelia sofort anfreundete. A la Carte konnten wir uns davon überzeugen, dass in diesem Hotel gute Köche arbeiten. Alle Gerichte waren harmonisch gewürzt und schmeckten sehr gut. Die Kellnerin war bereit, eine Apfelschorle für Nele und Cari auf zwei Gläser aufzuteilen. Auf der Weinkarte fanden wir sogar Kerner, unsere Lieblingsrebe. Die Kinderteller (Milchreis für Emma, Ketchup mit Nudeln für Cari, Fisch für Nele und Hähnchennuggets für Aurelia) standen ruckzuck vor den Mädchen. Mamas Hirschgulasch mit Hütes war heiß und zart. Selbst mein Steak war auf den Punkt gegrillt. Perfekt!
Die zwei großen Mädchen freuten sich wie die Schneeköniginnen, als sie feststellten, dass beide Familien nach dem Abendessen noch einen Abstecher ins Schwimmbad geplant hatten. So hatte Aurelia eine Gleichaltrige zum Toben und ich konnte mit Nele und Cari gleichzeitig ins Wasser. Wir hatten das Bad für uns allein, obwohl das Hotel nahezu voll belegt war. Wie gut, dass das Becken nur 135 cm tief ist, ich konnte also sicher stehen, wenn beiden Minimäuse gleichzeitig vom Rand in meine Arme hüpften. Nach einer Stunde waren alle müde und es konnte Richtung Bett gehen.
Schade, schon Sonntag
Nach dem Sonntagsfrühstück erkundeten wir das gesamte Hotel, weil uns drei Buchstaben für die Kinder-Hotel-Rallye fehlten. Die Rallye ist gut durchdacht, sie hat uns am Samstag und Sonntag eine ganze Stunde in Atem gehalten. Mit dem Lösungswort gingen die drei Mädels zur Rezeption und bekamen als Belohnung Puzzles und Gummibärchen ausgehändigt. Ich nutzte die Gelegenheit, meine Rechnung zu bezahlen und auszuchecken. Im Anschluss durften alle drei Mädchen noch einmal nach Herzenslust im Indoor-Spielplatz toben, bevor es zurück zum Rennsteig ging. Eine zweite Kurzwanderung schlossen wir mit Rostbratwürsten ab und fuhren gut gelaunt nach Hause.
Oberhof, wir kommen wieder!
* Das Wochenende (Halbpension und Anreise) wurde uns von H-Hotels gesponsert. Den üppigen Einkauf im Nougatparadies hat uns meine Mutter spendiert.
Nö, in der Jugendherberge hast Du freie Platzwahl und wirst nicht gescheucht. Das Frühstücksbüffet ist meistens brauchbar, und die Kinder lernen Tisch wischen. Ich habe auch als Seniorin immer mal gerne dort übernachtet, als man noch spontan auf der Radreise dort einfallen konnte. Weil die DJH inzwischen aber Familienurlaub und Seminare bevorzugen, ist es für Einzelreisende, Radfahrer und Wanderer schwierig geworden, einfach einzuchecken.
Ist natürlich was ganz anderes als so ein Hotel mit Indoor-Spielplatz.
Och, das habe ich in Jugendherbergen aber auch schon öfters erlebt. Reservierte Tische für Familien und Gruppen gibt es sogar sehr oft in den Herbergen. Wenn ein Tisch nicht voll besetzt war, wurden andere Gäste dazu gesetzt.
Versteh mich richtig: wir machen sehr gerne Jugendherbergsurlaub, eben weil man leichter Kontakt zu anderen Gästen bekommt als in den meisten Hotels. Und dein „Problem“ kenne ich auch, vor lauter Gruppen und Familien ist oft für Einzelwanderer, Pilger und Radler kein Platz mehr.
Mich hat die Beschreibung eher an den guten alten DDR Charme in Restaurants erinnert. Da gab es auch keine freie Platzwahl und Tische wurden,unabhängig von Gruppenzugehörigkeit, nahtlos platziert.
Der Charme der Damen ist aber, grenzüberschreitend, typisch deutsch….
Super zu lesen, wie kinderfreundlich euer Aufenthalt war. Und dass ihr eine Nougatfabrik entdeckt habt… super! Wenn ich nochmal in die Region komme, mache ich dorthin auf jeden Fall eine Abstecher.